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Neues Leben für den Badovac-See

Bildquelle: Roman Wagner

Die Sonne spiegelt sich im grün-blauen Wasser, eine leichte Brise lässt die Bäume im Wind wehen. Am Ufer sucht eine Kuh nach Futter, während unweit davon kosovarische Familien campen. Am Rande des Badovac-Sees auf dem Weg nach Mramor - rund 30 Autominuten von Pristina entfernt - ist vom städtischen Alltagsstress kaum noch etwas mehr zu spüren.

Braunbären stärken Tourismus in Pristina

Die Zahl der Besucher und Aktivitäten rund um den Badovac-See steige seit 2012 stetig, ist von den örtlichen Unternehmern zu hören. Der Hauptgrund dafür sei die Errichtung einer Bären-Auffangstation, die von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten in Mramor, nordöstlich des Badovac-Sees, betrieben wird. Bevor die Braunbären hierher kamen, wurden sie als Touristenattraktionen vor Restaurants ausgestellt. Hinter rot gefärbten Metallstangen mussten die Tiere oft jahrelang in rund drei Meter hohen und vier bis neun Quadratmetern großen Käfigen ausharren.

Lange Zeit gab es im Kosovo keine Gesetze, die die Haltung von Bären regelten. Als sich im Jahr 2010 von Seiten der Tierschutzlobby immer mehr Widerstand gegen die sogenannten „Restaurantbären" breit machte, wurden die Käfige verboten. Seit 2012 das Bear Sanctuary errichtet wurde, dürfen sich die Braunbären, die meist ihr ganzes Leben in Gefangenschaft verbrachten, auf dem 15 Hektar großen Areal mit Höhlen, Waldflächen, schattenspendenden Bereichen und Teichen austoben. Das Auffangzentrum erfreut sich eines steigenden Besucherandranges. 2014 kamen 9.000 Touristen, um die Bären in ihrem neuen Habitat, das der Stadt Pristina gehört, zu sehen. Im Jahr 2017 waren es bereits 35.000.

Aber nicht nur die Braunbären locken die Bevölkerung an. Immer mehr Einheimische verbringen ihre Freizeit am Badovac-See. Seit der Errichtung der Auffangstation nutzen Fischer, Radfahrer und Camper das Naherholungsgebiet für ihre ganz individuellen Zwecke. „Vor 2012 gab es hier kaum Freizeitangebote. Die Region hat enorm an Attraktivität und Wert gewonnen. Die Grundstückspreise sind auch nicht mehr so billig wie 2012. Wir, der Bärenwald, und die gesamte Region profitieren voneinander", sagt Afrim Mahmuti, Leiter des Bärenwalds Pristina. Und auch die Arbeitsplätze im Bärenwald werden großteils mit Personen aus der näheren Umgebung besetzt.

Vom Ausbau des Unterhaltungs- und Erlebnisangebots erwartet sich die Region um die kosovarische Hauptstadt einen Aufschwung. „Pristina selbst bietet nicht viel als Stadt. Die Leute sind entspannter, wenn sie auf das Land fahren und bringen dann bei ihrer Arbeit bessere Leistungen", erklärt sich Mahmuti die Gründe für den Wandel in der Bevölkerung. Vor 2012 hätte die Region nicht so viel Zuspruch in der Gesellschaft gehabt. Die Beteiligung ausländischer Investoren im Gebiet rund um den dreieinhalb Kilometer langen Badovac-See würde das untermauern. So entstand 2015 unter anderem eine Kläranlage, an deren Errichtung der tschechische Staat mit rund 600.000 Euro beteiligt war. So soll das Abwasser aus Mramor, das in den Badovac-See fließt, gereinigt werden.

Dennoch gibt es Qualitätsprobleme mit dem Wasser, das rund 25 Prozent der Einwohner Pristinas versorgt. Vor allem die Verunreinigung des Sees durch abgelagerten Abfall am Ufer stellt ein massives Problem dar. Die Müllentsorgung ist ohne die ausreichende Unterstützung der umliegenden Gemeinden schwierig. Lediglich zwei Angestellte werden laut Mahmuti von der Stadt Pristina für die Müllentsorgung bereitgestellt. Das seien viel zu wenig, geht es nach dem Leiter der Bärenauffangstation. Deswegen organisierte der 56-Jährige seit seinem Amtsantritt vor sechs Jahren mehrere freiwillige Aktionen zur Müllbeseitigung.

Neben der Verbesserung der Wasserqualität, der fachgemäßen Entsorgung von Müll und der Aufrechterhaltung der Bärenauffangstation will Mahmuti die lokale Bevölkerung zum Umweltschutz „erziehen". Die Bärenauffangstation vergrößerte darum ihr Haupthaus um ein Umweltbelehrungszentrum, das am 31. Mai dieses Jahres eröffnet wurde. Nicht nur die Behörden, sondern auch die Kosovaren selbst sollen dazu beitragen, die Verschmutzung des Sees durch den Menschen in Zukunft zu verhindern. Die Region will so nicht nur von den Besucherzahlen, sondern auch vom Umweltbewusstsein, das im Bärenwald geschaffen wird, profitieren.


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