Marcel Richters

Onlineredakteur, Frankfurt am Main

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Artikel

Streit um Brentano-Hochhaus

Rund ein Dutzend Mieter haben sich an diesem verregneten Sonntagnachmittag im Foyer des Hochhauses versammelt. Einige wohnen erst seit ein paar Monaten, andere schon seit Jahren im Haus. Aber sie alle sind verärgert, über die zuständige Gebäudeverwaltung VEGIS und über die Darmstädter Schader-Stiftung. Die Stiftung ist seit über 20 Jahren Eigentümerin des 150-Parteien-Gebäudes in der Thudichumstraße 18-22 in Rödelheim. Es gehört zu ihrem Kapitalstock und ihr fließen die Mieten zu. Seit dem Brand im Grenfell Tower in London mit 79 Toten ist die Sicherheit in Wohnhochhäusern immer wieder Thema.


Schon seit dem Sommer wird renoviert

Seit den Sommermonaten dieses Jahres wird in dem Gebäude - auch als Brentano-Hochhaus bezeichnet - gearbeitet. Zuvor hatte es immer wieder Wasserrohrbrüche gegeben, Keller und Wohnungen standen unter Wasser. Irgendwann war klar: Es muss eine Lösung her. Die Eigentümerin entschied sich für eine Umstellung von zentraler Warmwasserversorgung auf elektrische Durchlauferhitzer in den Wohnungen. Die noch aus den siebziger Jahren stammenden Wasserleitungen der Zentralversorgung werden trockengelegt. Gleichzeitig entsteht direkt nebenan ein neuer Supermarkt, Fahrradkeller und eine Etage der Tiefgarage wurden ersatzlos gestrichen.

Die Gesamtsituation macht den Mietern zu schaffen und ihre Klagen sind vielfältig: Handwerker erscheinen unangemeldet, Wände werden durchbrochen und mit Styropor geflickt. Außerdem verlaufen Starkstromleitungen auf dem Putz, ehemalige Fluchtwege werden verbaut und der Wasserdruck ist unzureichend.

Die Mieter haben zunehmend das Gefühl, dass sie nach dem Geld nur die zweite Rolle spielen. Und das gerade bei der Schader-Stiftung, bei der die Themen Stadtentwicklung und Wohnen besonders im Fokus stehen. Zeitweise müssen Mieter Ersatzduschen im 15. Stock nutzen. Besonders für Familien eine besondere Belastung: „Ich habe fünf Kinder, wie soll ich das jeden Morgen organisieren?", fragt Natascha Jasavac.

„Ich habe fünf Kinder, wie soll ich das jeden Morgen organisieren?" - Natascha Jasavac, Bewohnerin


Mit Bewohnerin Esther Schietinger schauen wir uns im Haus um. Die Duschen sind nur über lange Flure zu erreichen und bieten keinen Komfort, eine Mieterin spricht von „unterstem Campingplatzniveau". Privatsphäre gibt es kaum. Schietinger erinnert an andere Mitbewohner im Haus: „Für mich ist es kein Problem, hier zu duschen. Aber viele muslimische Frauen wollen das natürlich nicht." Was alle Mieter immer wieder betonen: Wie „katastrophal" die Kommunikationspolitik von Stiftung und Hausverwaltung sei. Auf Anrufe und Mails werde meist gar nicht und wenn, nur ausweichend reagiert. Darum haben sie einen offenen Brief geschrieben und sich an die Presse gewandt, weil sie sich „machtlos fühlen" und um ihre Sicherheit bangen.


Stiftung will Kommunikation verbessern

Es sind scharfe Anschuldigungen, die einige Bewohner der Thudichumstraße 18-22 vorbringen. Alexander Gemeinhardt, Vorsitzender des Vorstands und Direktor des Stiftungszentrums der Schader-Stiftung, gibt zu, dass „sich etliche Mieter über die begonnenen Maßnahmen nicht hinreichend informiert fühlen". Darum wolle man auch „die Kommunikation zu unseren Mietern intensivieren". Er macht deutlich, dass sich die Stiftung der Probleme im Haus bewusst sei, sieht die Zuständigkeit aber bei der Hausverwaltung. Diese reagierte nicht auf eine Anfrage von Merkurist, aber Gemeinhardt spricht nach eigenen Angaben auch für sie.

Wie steht er zu dem Vorwurf, dass die Stiftung sich erst jetzt um die Probleme kümmert, wo die Bewohner versuchen, eine größere Öffentlichkeit zu erreichen? „Es ist nicht so, dass wir erst wach werden, wenn sich die Presse meldet. Und es ist auch nicht unser Auftrag, Immobilien zu verwalten. Wir sitzen in Darmstadt und sind weit weg von dem Haus. Aber natürlich wollen wir trotzdem ein guter Vermieter sein."

„Wir wollen ein guter Vermieter sein." - Alexander Gemeinhardt, Vorsitzender des Vorstands der Schader-Stiftung


Auch wenn das Gebäude Eigentum der Stiftung sei, gehe es nicht darum, zu sparen oder sogar Erträge aus Mieteinnahmen zu maximieren: „Eine Stiftung muss ihren Zweck erfüllen und von ihrem Kapital leben, das ist bei niedrigen Zinsen nicht immer leicht. Aber wir sind gemeinnützig und dürfen gar keinen Gewinn erwirtschaften." Was auf jeden Fall nicht passieren werde: Dass das Gebäude verkauft oder luxussaniert wird. „Wir wollen das Gebäude noch lange behalten und nicht einfach verscherbeln", so Gemeinhardt.


Bauaufsicht gibt Entwarnung

Entwarnung gibt er beim Brandschutz und kann sich dabei auch auf die Bauaufsicht der Stadt Frankfurt stützen. Diese zeigte sich zufrieden mit den getroffenen Brandschutzmaßnahmen. Noch eine gute Nachricht für die Mieter: Die Stiftung kündigt weitere Schritte an, um die Situation zu verbessern. Die aktuellen Baumaßnahmen sollen bald schriftlich und in einer Mieterversammlung erläutert werden, die Stiftung werde „den Mietern gemeinsam mit den Architekten Rede und Antwort stehen". Auch Mietminderungen will man nach Prüfung in berechtigten Fällen zulassen. Nicht nur den Mietern im Brentano-Hochhaus verspricht Gemeinhardt: „Wir wollen, dass unsere Immobilien zukünftig besser verwaltet werden!"

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