Marcel Richters

Onlineredakteur, Frankfurt am Main

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Artikel

Der Christopher Street Day 2017 - Eine politische Party

Im Jahr 2017 ist der Christoper Street Day (CSD) in Frankfurt ein ganz besonderer. Nicht nur wurde vor kurzem die Ehe für Alle - also die vollständige Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit der traditionellen Ehe - beschlossen, 2017 ist außerdem das 25. Jubiläumsjahr der Veranstaltung.


Noch bunter als in anderen Städten

Auch wenn das Wetter besser sein könnte, ein paar Wolken und leichter Regen halten wohl nur die Wenigsten ab. Mit 1900 Teilnehmern und rund 9000 Zuschauern bei der großen Demonstration durch die Innenstadt ist der CSD diesmal sogar ein bisschen größer als im vergangenen Jahr. Bühnen- und Begleitprogramm, Essens- und Infostände werden an drei Tagen an der Konstablerwache, der Großen Friedberger Straße und in der ganzen Stadt knapp zwei Millionen Menschen anlocken.

Das Motto passt zum Wahljahr: „Bunte Vielfalt statt brauner Einfalt" steht auf dem Logo, das auffallend an einen Wahlzettel erinnert. Entsprechend sind alle großen und einige kleinere Parteien mit Umzugswagen und Ständen vertreten. Am Samstagnachmittag gibt es eine Diskussionsrunde auf der großen Bühne an der Konstablerwache.

Sina, die auch vergangenes Jahr in Hamburg mit dabei war, ist überzeugt, dass der CSD in Frankfurt noch bunter ist als in anderen Städten: „So viele People of Color habe ich letztes Jahr definitiv nicht gesehen." Robert freut sich, dass alle Altersklassen beim CSD vertreten sind: „Es sind sehr viele junge Menschen dabei, das ist mir definitiv aufgefallen."

„Es sind sehr viele junge Menschen dabei, das ist mir definitiv aufgefallen." - Robert, Besucher


Vielleicht liegt das auch daran, dass inzwischen bei Jugendlichen zumindest der Freundeskreis überwiegend positiv auf ein Coming-Out reagiert. Einer Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) von 2015 zufolge erleben 60 Prozent entsprechende Reaktionen. Bei den Eltern ist es da häufig noch schwieriger.


10.000 Euro Förderung für den CSD

Die Stadt Frankfurt unterstützt den CSD Frankfurt dafür mit vollen Kräften. Zum diesjährigen Jubiläum hat Stadträtin Sylvia Weber (SPD) dem Verein ein besonderes Geburtstagsgeschenk gemacht. Das Amt für multikulturelle Angelegenheiten fördert den CSD zum ersten Mal mit einer Summe von rund 10.000 Euro. Bei ihrem Grußwort hat Weber auch viel Lob für die Vereine der LGBTI-Community in Frankfurt dabei und stellt klar: Auch in den nächsten Jahren soll es eine Förderung geben. Diese muss übrigens nicht für die erhöhten Sicherheitsvorkehrungen aufgewandt werden, denn die werden bei Großveranstaltungen dieser Art grundsätzlich von der Stadt gefördert. Erstmalig gibt es LKW-Sperren, auch die Polizei hat mehr Personal im Einsatz. Bis zum Samstagabend blieb es aber friedlich.


„Die Ehe für alle, das haben wir geschafft. Das war unser Druck. Ohne uns wäre das niemals möglich geworden!" - Stefan Setzepfandt vom Orgateam des CSD.

Nicht nur war es friedlich, die Stimmung war ausgelassener als sonst. Das liegt offenbar auch an der Einführung der Ehe für Alle vor einigen Wochen. Sina fällt auf: „Früher war es kämpferischer, diesmal ist es entspannter." Ausruhen will die Community sich nicht: „Die Ehe für alle, das haben wir geschafft. Das war unser Druck. Ohne uns wäre das niemals möglich geworden!", so Stefan Setzepfandt vom Orgateam.


Politik bleibt wichtiger Bestandteil

Der Christopher Street Day war schon immer eine politische Veranstaltung. Bereits der Name erinnert daran. Am frühen Morgen des 28. Juni 1969 kam es in der besonders von Dragqueens und Transvestiten besuchten Stonewall-Bar in der New Yorker Christopher Street zu einer Razzia der Polizei. Diese löste mehrere Tage anhaltende Proteste aus, die den Ausgangspunkt für eine bald die ganzen USA ergreifende homosexuelle Befreiungsbewegung bildeten. Auch wenn dies anfangs eine Bewegung vor allem homosexueller weißer Männer und Frauen war, ist der CSD heute ein Fest für alle. Egal, welcher ethnischen Herkunft, sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität sich Menschen zuordnen, beim CSD geht es darum, für die sexuelle Vielfalt und Freiheit aller einzutreten.


Trotz noch immer bestehender Diskriminierung ist der Christopher Street Day in den letzten 25 Jahren eine echte Größe geworden. Forderungen nach mehr Rechten für inter- und transsexuelle Menschen waren ebenso vielfältig auf den mitgebrachten Schildern und Plakaten zu lesen wie der Wunsch nach mehr Akzeptanz für alternative Liebes- und Lebensmodelle wie Polyamorie und Asexualität. Die Chancen stehen gut, dass die sexuelle Vielfalt weiter wächst. Dazu tragen gerade Veranstaltungen wie der CSD bei - und ordentlich feiern lässt sich dabei auch noch.

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