Beim Weltcup in Omaha/USA hatte Max Kühner kürzlich Mühe, sein scheuendes Pferd Cornet Kalua zu zähmen.
(Foto: Nati Harnik/dpa)Max Kühner startet am Sonntag beim Großen Preis von Bayern - aber nicht für sein Heimatland.
Es hatte schon etwas Groteskes, als plötzlich die österreichische Nationalhymne gespielt wurde. Max Kühner hatte soeben den "Preis der Freunde Pferd International München 2017" gewonnen, eine Drei-Sterne-Springreitprüfung, die ihn für den Großen Preis von Bayern am Sonntag (13.30 Uhr) qualifizierte. Aber war er nicht in München geboren? War er nicht einer der ihren, der Zuschauer, die mit dem Text der aus den Lautsprechern hallenden Hymne recht wenig anfangen konnten? Das alles stimmt, und doch hatte es seine Berechtigung, dass nicht die deutsche Hymne gespielt wurde. Denn Kühner tritt seit 2015 für Österreich an.
Dort hat auch alles begonnen für Kühner, der mit seinen Eltern als Kind in den Urlaub immer zum Skifahren nach Kitzbühel gefahren ist. In einem Jahr, Kühner war etwa zehn, gab es aber keinen Schnee - seine Eltern mussten sich etwas einfallen lassen, um ihn und seinen Bruder zu beschäftigen. "Dann sind wir in den Reitstall gefahren" - und um Kühner war es geschehen. Er nahm weitere Reitstunden, zusammen mit seinem Bruder und zwei weiteren Kindern teilte er sich ein kleines Pony. Als Kühner zwölf war, schaute er bei einem Freundschaftsturnier im Springreiten zu. Ein anderer Junge brach sich den Arm, er bot Kühner an, auf seinem Pony zu springen. "Ich war vorher noch nie gesprungen, wollte das aber natürlich machen", sagt Kühner heute - und muss leicht schmunzeln, wenn er an das Ergebnis denkt: Der Parcours war eigentlich kurz, die sechs Hindernisse niedrig, und "das Pony ist toll gesprungen" - aber: "Ich bin bei jedem Sprung runtergefallen." Er stand dann aber auch wieder auf, bekam sogar eine kleine Schleife, und wusste: "Das ist ein toller Sport, den muss ich weitermachen." Das hat er getan, und das nicht schlecht. 1998 und 2007 etwa wurde er bayerischer Meister, er war regelmäßig im deutschen Bundeskader, bekam aber nicht so viele Einsätze, wie erhofft. Er war meist an siebter bis zehnter Stelle, wenn er dann seine Chance bekam, wollte er sie auch nutzen, egal, zu welchen Bedingungen, auf welchem Untergrund. Das wollte er nicht länger mitmachen. Die Lösung: "Wir hatten immer schon einen starken Bezug zu Österreich, immer schon einen Wohnsitz." Es brauchte also nicht einmal einen aufwendigen Test, um die österreichische Staatsbürgerschaft zu bekommen, Kühner musste nur nachweisen, dass er mindestens fünf Jahre in Österreich gelebt hatte, "und das konnte ich". Dort führt er nun das nationale Ranking an, kann den Einsatz seiner Pferde besser planen, "das passende Pferd für den passenden Platz nehmen".
Auswahl hat er genug: Die MK Sporthorses, die er 2004 gegründet hat und die sich zum Ziel gesetzt hat, junge Pferde zu kaufen, sie auszubilden und dann zu verkaufen, betreut aktuell etwa 40 Pferde, alleine 13 davon sind bei der Pferd International in München aktiv. Unternehmertum und Springreiten gehen dabei Hand in Hand, "die wichtigsten Gesellschafter der Firma kommen aus dem Reitsport", sagt Kühner. Das gilt auch für eine 2007 von Kühner und Freunden gegründete Leasinggesellschaft, die etwa mit der Finanzierung von Pferdetransporten eine Nische gefunden hat. "Die Vertrauensbasis wurde im Reitsport gelegt", sagt Kühner, "es gibt viele Synergieeffekte."
Man könnte auf die Idee kommen, dass der Tag zu wenig Stunden für ihn hat, doch Kühner sieht es pragmatisch. Gegen neun Uhr fährt er täglich ins Büro, bleibt dort bis sieben oder acht abends - dann muss er eben früh aufstehen, um vorher noch zu reiten, meist gegen sechs Uhr. Ein Rhythmus, mit dem er gut leben kann. "Ich genieße die Abwechslung", sagt Kühner, sowohl beim Reiten als auch im Beruf sei er "mit vollem Herzen dabei." Nach der Arbeit warten zuhause die beiden Kinder Grace, 4, und Jolie, 7, sowie Ehefrau Liv auf ihn, auch da kann er nicht vom Pferdesport abschalten: Liv, eine Dänin, reitet Dressur auf Grand-Pix-Niveau, sie gibt Kühners Springpferden auch den Dressurschliff, und auch die beiden Kinder seien "reitsportverrückt". Die Familie hält zusammen, zeigt Verständnis für den Pferdesport, "anders geht es auch nicht". Damit Kühner am Sonntag wieder die österreichische Nationalhymne hören kann.