Marc R. Hofmann

Redakteur & Reporter, Berlin

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Mehr Polizeischüler vereidigt als jemals zuvor im Land

Ausbilder und Rekruten bei der Vereidigung

Eutin. „Ich schwöre, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, die Landesverfassung und alle in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze zu wahren und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe", schworen die 445 Polizeianwärter im Beisein von Innenminister Stefan Studt (SPD) und Landespolizeidirektor Ralf Höhs auf dem Außengelände der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung und für die Bereitschaftspolizei (PD AFB) in Eutin. Dies ist die höchste Zahl neu eingestellter Beamter seit Bestehen der Landespolizei Schleswig-Holstein.


Ein Drittel Frauen

Bewerber für das Ausbildungsjahr 2016: 3395

Dienstanfänger insgesamt: 445

Mittlerer Dienst (Polizeiobermeister-Anwärter): 174, davon einer Wasserschutzpolizei

Gehobener Dienst (Kommissar-Anwärter): 271, davon Kriminalbeamte: 109, Wasserschutzpolizei: vier

Landeskinder (gebürtig in S-H): insgesamt 328

Frauenanteil insgesamt: 161 (36,18 Prozent)

Migrationshintergrund (ohne deutsche Staatsbürgerschaft): 15


Vorangegangen war die Ansprache des neuen Behördenleiters Michael Wilksen, der den Posten erst Anfang September in einer Rochade von Jürgen Funk übernommen hatte. Die Behörde stand jüngst in der Kritik, nachdem es in einer Chat-Gruppe von Polizeianwärtern zu sexistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen gekommen war, „Distanzlosigkeit" von Ausbildern gegenüber Schülerinnen und Verfahrensfehler bei der Auswahl des aktuellen Jahrgangs bekannt wurden (die LN berichteten).

Wilksen zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass die heutigen Beamten die Polizeischule besser ausgebildet denn je verlassen würden. Er erinnerte sie aber auch an ihre Rolle als „Visitenkarte des Landes Schleswig-Holstein". Während der Rede von Ralf Höhs, seines Zeichens höchster Polizist des Landes, ging just ein kurzer Schauer nieder: „Wir stehen gemeinsam im Regen", sagte der Landespolizeidirektor, anspielend auf ein „falsches Bild" in der Öffentlichkeit. Während „nachgewiesenes Fehlverhalten auch Konsequenzen" haben müsse, gelte „die Unschuldsvermutung auch für Polizisten". Aufklärung durch die Medien sei wichtig, dürfe aber, frei nach Johannes Rau, „nicht in eine publizistische Jagd auf Menschen ausarten". Er zeigte sich überzeugt, dass die schleswig-holsteinische Polizei verlorengegangenes Vertrauen wiederherstellen könne.

Innenminister Studt bekannte, zum ersten Mal eine Viererformation von Anwärtern abgelaufen zu sein, darunter auch in zivil gekleidete angehende Kriminalbeamte. Die Erhöhung der Einstellung noch über die geplanten 400 Stellen hinaus sei die „einzig vertretbare Lösung" gewesen, um einigen der jungen Menschen wegen Verfahrensfehlern bei der Bewerbung nicht wenige Wochen vor dem geplanten Ausbildungsstart absagen zu müssen. Dies würde in den kommenden Jahren ausgeglichen. Studt warb um das Vertrauen der Angehörigen, die ihre Söhne und Töchter unbesorgt zur Polizei schicken könnten:

„Sie dürfen auf unsere Fehlerkultur gerade in der Ausbildung vertrauen." Für die jungen Kollegen sei der Rückhalt in der Bevölkerung besonders wichtig, „denn sie halten für uns die Haut hin", so der SPD-Politiker.

Dass sich die Neuankömmlinge von den Vorkommnissen in ihrer Ausbildungsstätte nicht haben verunsichern lassen, zeigte auch das Statement von Kommissar-Anwärterin Aaricia Günther: „Für mich ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen", so die 22 Jahre alte Lüneburgerin. Polizistin zu sein, sei für sie nach wie vor Berufung. Gerade nach den Vorfällen werde mit Themen wie Sexismus offen umgegangen, weshalb sie sich keine Gedanken darüber mache und auf eine gute Ausbildung in Eutin vertraue.

Nach der Vereidigung hatten die jungen Polizisten Gelegenheit, Verwandten und Freunden ihre Ausbildungsstätte zu zeigen. Auf dem Gelände präsentierten Beamte Einsatztaktiken und Ausrüstung vom Körperschutz bis hin zum futuristisch aussehenden Wasserwerfer „WaWe 10".

Marc R. Hofmann

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