Madeleine Londene

Freie Journalistin, Augsburg & Berlin

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Artikel

Generation Zukunft

Wir haben elf große Talente der Design­szene ­gefragt, was sie ­anders machen wollen.


Luisa Kahlfeldt

»Einen guten Stuhl designen will jeder, das gilt fast als Initiationsritual«, sagt Luisa Kahlfeldt, die derzeit beim (nicht zuletzt für seine Stühle bekannten) Stardesigner Konstantin Grcic arbeitet. Aber eigentlich finde sie es spannender, Lösungen für Probleme zu finden, die zuvor kaum jemand sah – wie ihre Babywindel aus Eukalyptusfasern und Algen, die sie unter dem Label »Sumo« auf den Markt bringt. Es ist ihr egal, dass sie selbst noch nicht Mutter ist und dass sie Industriedesign gelernt hat, nicht Textildesign: »Es ist befreiend, wenn es noch keine guten Alternativen zu einem Produkt gibt. Und es ist gut, mit einer gewissen Nai-vität ans Entwerfen zu gehen. Dann traut man sich Dinge zu, die nicht auf der Hand liegen.«


Philipp Hainke

Einem nachhaltigen Designansatz fühlt sich Philipp Hainke verpflichtet, das beste Beispiel dafür sind seine Raumtrenner »Organico« aus Hanffasern und Naturleim. Darüber hinaus pflegt er eine Handschrift jenseits von Formalismen. Sein Stuhl »Hubert« etwa ist eine Reminiszenz an den Großvater, dessen Erscheinung ihn schon als Kind fasziniert hatte. Die ausladende Rückenlehne soll an die abstehenden Ohren erinnern, das stabile Vollholz an sein einfaches Leben. Er lasse sich gern von Dingen und Personen seines persönlichen Umfelds anregen, sagt Philipp Hainke. Denn neben Zweckdienlichkeit und Ästhetik, erklärt er, sollen seine Entwürfe vor allem Charakter haben – wie sein Großvater.


Hans Ramzan


Design dürfe viel sein – aber nicht egoistisch. Man solle für die Masse kreieren und nicht für seinen eigenen Ruhm und seine ästhetischen Vorlieben, sagt Hans Ramzan. Ihn beschäftigen in seiner Arbeit vor allem die Themen Armut, Gleichberechtigung und die blinden Flecken in der Gesellschaft. Menschen, die abgehängt sind, ausgeschlossen und mit Vorurteilen zu kämpfen haben. Dieser Ansatz lässt sich gut an seinem Design »Catch« sehen, einem HIV-Selbsttest. Das kleine, sterile Plastikobjekt kostet weniger als fünf Euro und hat in Entwicklungsländern eine große Zielgruppe, die sonst fast niemand erreicht. Ein Pikser in den Zeigefinger genügt, und schon nach wenigen Minuten wird das Ergebnis angezeigt.


Ayrton und Alán ­Miranda

Am Flughafen von Los Angeles wunderten sich Alán und Ayrton Miranda über die unbequemen Sitzbänke. Als Gegenentwurf kreierten sie Stühle aus drei ineinandergesteckten runden Holzflächen. Ihre Designs sollen einfache Alltagsprobleme lösen. In ihrem Dorf, sagen sie, war jeder ein Designer, der beim Nachbarn die Tür reparieren konnte. Künftig wollen die Brüder stärker auf die Sinne zielen, das Riechen, Spüren, Hören: »Es geht uns mehr darum, wie sich Dinge anfühlen, weniger darum, wie sie aussehen.«


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