Immer wieder spricht Lucia Moiné in die Dunkelheit hinein. "Graf Joachim? Sind sie hier?" Niemand antwortet. Sie versucht es erneut: "Irgendjemand anders hier?" Wieder nichts. Moiné steht zusammen mit zehn anderen Menschen in der alten Schmiede von Schloss Ortenburg in der Nähe von Passau und wartet darauf, dass etwas passiert. Irgendwas. Und dann geht plötzlich der Bewegungsmelder los, mit einem lauten Piepen. Aufgeregt redet die Gruppe durcheinander. Wer war das? Doch keiner von uns? War es ein Geist? Vielleicht der von Graf Joachim zu Ortenburg?
Fragen, die an diesem Abend oft zu hören sind. Denn Lucia Moiné veranstaltet eine Spuknacht. Dabei handelt es sich um eine geführte Geisterjagd. Und Moiné ist die Chef-Geisterjägerin. Schwarzer Rock, ledernes Oberteil, blasse Haut. Obwohl sie, wie sie selbst sagt, noch nie einen Beweis dafür gefunden hat, dass es Geister wirklich gibt, ist sie von paranormalen Phänomenen fasziniert.
"Ich saß einmal alleine im Rittersaal von Schloss Neuburg am Inn. Und plötzlich höre ich, wie neben mir quietschend ein Stuhl weggezogen wird vom Tisch. Außerdem Steine, die von der Decke fallen, Kugelschreiber, die herumgeworfen werden aus dem Nichts. Da waren schon ein paar Sachen."
Suche nach SeelenSchon lange beschäftigen sich manche Menschen mit paranormalen Phänomenen. Sie hören körperlose Stimmen, spüren Energiefelder auf, wo keine sein dürften oder sehen Schattengestalten - solche Dinge. Die selbsternannten Geisterjägern suchen vor allem Seelen, die angeblich nach dem Tod weiterleben. Und mit denen man Kontakt aufnehmen kann. Ob es solchen Spuk wirklich gibt? Niemand weiß es. Richtig ausschließen kann das aber auch niemand.
Das Schloss Ortenburg ist beliebt bei Touristen. Und Geisterjägern. Sie suchen hier nach Seelen von Verstorbenen.
Auf Schloss Ortenburg untersucht die Gruppe außer der Schmiede auch den Schlosskeller, den Dachboden und den Museumstrakt. Es sieht schon ein bisschen skurril aus, wie erwachsene Menschen mit seltsamen Geräten, die im Vorfeld an alle verteilt wurden, in der Dunkelheit herumlaufen. Temperaturmesser, Wünschelruten, Geigerzähler, ein Gerät, das elektromagnetische Felder aufspüren soll - mit diesen Dingen wollen sie Geisterphänomenen auf die Spur kommen. Ab und zu leuchten die Geräte auf und zeigen auffällige Werte: An manchen Stellen sinkt plötzlich die Temperatur, es tauchen elektromagnetische Felder auf, sogar der Geigerzähler schlägt aus. Sind das Indizien, dass es hier spukt? Da gibt es Zweifel. Denn ob die Geräte, die die Geisterjäger benutzen, überhaupt seriös sind, ist fraglich. Lucia Moiné beteuert, dass nichts inszeniert sei. Es ist schwer, das zu überprüfen.
"Es kommt alles sehr real rüber. Gut, wie die Messgeräte dann im Endeffekt funktionieren, weiß natürlich keiner. Es obliegt jedem selbst, daran zu glauben."
Ein Teilnehmer der Spuknacht
Teurer Spuk95 Euro zahlen die Teilnehmer dafür, sich ein paar Stunden durch Schloss Ortenburg führen zu lassen. Und die Nacht ist ausverkauft. Wollen die Organisatoren um Lucia Moiné also einfach nur Geld machen mit dem Glauben an Geister? Spuk auf Bestellung sozusagen? Auch hier verneint sie. Es gehe ihr nur darum, dass jeder sich seine eigene Meinung bilden könne. In der Kritik stehen ihre Praktiken dennoch. Der Landkreis Passau hat ihr zum Beispiel verboten, in Schloss Neuburg an der Inn auf Geisterjagd zu gehen. Am Ende bleibt das Ganze wohl sowieso eine Glaubensfrage: Für die einen Humbug, für die anderen echter Spuk.