Trotz Corona waren die Malier Ende März zu den Parlamentswahlen aufgerufen worden - ein wichtiger Meilenstein für die Demokratie. Doch nur wenige Malier gaben bei den seit 2018 mehrfach verschobenen Wahlen ihre Stimme ab.
Norden von Terror und Gewalt erschüttert
Ein Grund: die Corona-Krise, die in
Mali alles noch schwieriger macht. Das westafrikanische Land hat eine
schlechte Gesundheitsversorgung und Infrastruktur und wird vor allem im
Norden seit Jahren von terroristischer Gewalt erschüttert. Der
wichtigste Oppositionspolitiker, Soumaïla Cissé, wurde kurz vor den
Wahlen vermutlich von Islamisten entführt.
Internationale Truppen
und ein UN-Einsatz versuchen seit 2013, das Land zu stabilisieren.
Corona macht zwar vor niemandem halt, aber die Frage ist, ob die
Terroristen von der Corona-Krise sogar profitieren könnten.
Bundeswehr-Mandate auf dem Prüfstand
Deutschland ist in Mali zweifach vertreten, mit hunderten Soldaten: Einmal beim UN-Einsatz (MINUSMA) und bei der EU-geleiteten Ausbildungsmission für lokale Sicherheitskräfte (EUTM).
Das
Bundeswehr-Mandat für MINUSMA läuft Ende Mai 2020 aus. Der Einsatz gilt
bis heute als die gefährlichste Blauhelm-Mission weltweit. Das Mandat
der Vereinten Nationen (VN) endet einen Monat später.
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat
Anfang April bereits angekündigt, die deutschen Mandate (MINUSMA und
EUTM) verlängern zu wollen.
"Die Terroristen werden durch die Krise gestärkt und können sich als Helfer dort zeigen, wo der Staat abwesend ist" - diese Meinung vertritt die MINUSMA-Führung.
Wolf Kinzel von der Stiftung Wissenschaft und Politik, der auch Angehöriger der Bundeswehr ist, fordert aus diesem Grund, den Schwerpunkt der Einsätze zu verschieben:
Die zivilen Maßnahmen müssen der Hauptanteil werden. Dieser Krieg ist mit militärischen Mitteln allein nicht zu beenden.
Das sei zwar schon vor Corona klar gewesen, aber in der akuten Krise müsste die Bundeswehr dem malischen Staat helfen, sichtbar und effektiv für die Bevölkerung da zu sein. "Wir müssen jetzt höchst flexibel sein und da helfen, wo wir es können", sagt Kinzel.
Einige Analysten teilen diese Sicht der Dinge, dagegen rät Blog-Autor und Analyst Alex Thurston zum Abwarten, denn die Auswirkungen könnten komplex sein und beispielsweise die oft gesundheitlich angeschlagenen Terror-Kämpfer auch massiv schwächen.
Druck auf den Dialog mit Extremisten
Kinzel betont außerdem,
dass sich erstens die Einsätze besser miteinander vernetzen und
zweitens noch regionaler gedacht werden müsse. Ein Schwerpunkt der
Gewalt hat sich im Dreiländer-Grenzgebiet zwischen Mali, Niger und
Burkina-Faso entwickelt (Liptako-Gourma).
Eine Schlüsselrolle
spielen die Franzosen, die bis weit ins 20. Jahrhundert hinein fast die
komplette Region als Kolonialherren kontrollierten. Sie sind seit 2013
im Anti-Terror-Einsatz; Deutschland lehnt es bisher ab, die Mission
"Barkhane" zu unterstützen.
Politologe: Französischer Einsatz gescheitert
Der französische Politikwissenschaftler Marc-Antoine Pérouse de Montclos sieht den französischen Einsatz als gescheitert und fordert gar den kompletten Rückzug, sein US-Kollege Alex Thurston plädiert für einen Teilrückzug. Die Franzosen müssten der malischen Regierung den Raum geben, um den beschlossenen Dialog mit einem Teil der Extremisten zu ermöglichen.
Lokale Experten betonen, dass vor allem rangniedrige Mitglieder der Bewegung - Köche, Fahrer, Handlanger - in die Gespräche einbezogen werden sollten. Schließlich sei der Mangel an Lebensperspektiven ein treibender Faktor für den Extremismus.
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