Die Prozedur ist mühselig, aber sie muss sein. Im Sommer werden die jungen Basmatireis-Büschel aus dem Boden gezupft, um sie umzupflanzen. Eine Jahrhunderte alte Tradition. Sat Narayan baut schon sein Leben lang Basmati an. Nun aber sorgt er sich um seine Zukunft.
Sat Narayan, Reisbauer "Viele Menschen hier in der Region haben die Landwirtschaft aufgegeben. Sie haben aufgehört, Reis oder irgendetwas anderes anzubauen. Sie haben ihr Land verkauft und die Region verlassen."Der indische Bundesstaat Haryana ist einer der wenigen Orte der Welt, an dem die Reissorte Basmati kultiviert wird. Denn das besonders aromatische Korn wächst nur unter den speziellen klimatischen Bedingungen am Himalaya. Doch der intensive Anbau wird hier immer stärker zum Problem. Wie die meisten Reissorten benötigt Basmati Unmengen von Wasser: Rund 3.000 Liter für jedes Kilogramm. Bis kurz vor der Ernte muss das Getreide im Nassen stehen. Die Jungpflanzen werden in überflutete Felder eingepflanzt. Das Wasser wird mit Hilfe von Elektropumpen aus dem Boden gesogen. Dadurch ist der Grundwasserspiegel in den vergangenen Jahren immer weiter gesunken.
Sat Narayan, Reisbauer "Früher lag der Grundwasserspiegel in unserem Bezirk bei 6 Meter. Jetzt ist er auf 36 Meter gefallen. Wegen des sinkenden Grundwasserspiegels ist die Landwirtschaft nicht mehr rentabel."Die Bauern müssen daher das kostbare Nass immer tiefer aus der Erde holen, um ihre Felder zu fluten. Die elektrischen Pumpen kosten jedoch viel Geld. Geld, das Sat Narayan eigentlich nicht hat.
Sat Narayan, Reisbauer "Eine neue Pumpe kostet heute mindestens 700.000 Rupien, also 10.000 US-Dollar. Wir stehen vor großen Schwierigkeiten in der Landwirtschaft."Rund 6,5 Millionen Tonnen Basmatireis werden jedes Jahr in Indien produziert - hier in Haryana und im Bundesstaat Punjab. Mehr als zwei Drittel werden ins Ausland exportiert - und die Exporte haben sich seit 2010 mehr als verdoppelt. Wissenschaftler warnen vor weitreichenden Folgen für die Natur, wenn das Grundwasser noch weiter sinkt. Wurzeln von Bäumen und Früchten könnten ihren Zugriff aufs Wasser verlieren, Waldsterben und Dürreschäden die Folgen sein.
Durjoy Chakraborty, Wissenschaftler und ehemaliger Mitarbeiter der zentralen Grundwasserbehörde "Die Situation ist wirklich düster und ein Grund zur Sorge. Wir haben in den vergangenen 20 bis 30 Jahreneinen Rückgang des Grundwassers um mehr als einen Meter pro Jahr beobachtet. Das ist wirklich besorgniserregend. Was wir in unterschiedliche Länder exportieren, ist nicht nur der Basmatireis, sondern auch das Wasser, das in die Produktion fließt."Auch die indische Regierung hat das Problem inzwischen erkannt. Sie will nun die Bauern dazu zu bringen, Getreidesorten anzubauen, die mit weniger Wasser auskommen. Hier in Haryana erhalten Landwirte von der Regierung einmalig 100 Dollar pro Hektar, wenn sie ihre Produktion auf alternative Kulturen umstellen. Doch Sat Narayan glaubt nicht daran, dass er seine Felder anders bewirtschaften kann.
Sat Narayan, Reisbauer "Wir müssen Reis pflanzen, weil hier nichts anderes wächst. Die Regierung fordert uns auf, Mais, Hülsenfrüchte oder andere Pflanzen anzubauen, aber nichts davon wächst hier gut. Hier wächst nur Reis."Der Wissenschaftler Chakraborty hält es hingegen durchaus für möglich, andere Getreidesorten in der Region anzubauen. Doch Bauern wie Sat Narayan haben ihr Leben lang Basmati kultiviert. Und die Nachfrage nach dem exklusiven Getreide ist weltweit ungebrochen. Allein nach Deutschland gingen im vergangenen Jahr rund 13.000 Tonnen Basmatireis im Wert von rund 13 Millionen Euro aus Indien. Ein Anstieg von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dabei sind es nicht die kleinen Bauern, die vom boomenden Weltmarkt profitieren.
Sat Narayan, Reisbauer "Ich habe zwei Kinder. Der eine betreibt einen kleinen Laden,der andere arbeitet in einer kleinen Fabrik. In der Landwirtschaft verdienen wir nichts. Die großen und reichen Händler kaufen Reis billig bei uns ein und machen riesige Gewinne, indem sie ihn ins Ausland exportieren. Wir bekommen nichts. Wir verdienen nicht einmal genug, um die nächste Ernte zu pflanzen."Für die großen Exporteure ist der Handel mit dem begehrten Korn hingegen ein lukratives Geschäft. Doch die Schattenseiten des Basmati-Anbaus sind inzwischen auch zu ihnen durchgedrungen.
Chaman Lal Setia, Vositzender Chaman Lal Setia Exports Ltd. "Natürlich ist der sinkende Grundwasserspiegel ein Problem. Wir brauchen Anbautechniken, die mit weniger Wasser auskommen. Und mehr Systeme, um das Grundwasser wiederherstellen."Durjoy Chakraborty will bei den Konsumenten im Ausland ansetzen, um ein Bewusstsein für die Umweltschäden durch die Basmati-Produktion zu schaffen.
Durjoy Chakraborty, Wasserexperte "Wenn wir den gesamten Globus als Einheit sehen, dann geht das wirklich jedes Land etwas an. Wenn also Deutschland oder irgendein anderes Land Basmatireis aus Indien importiert - und damit auch das Wasser - dann brauchen wir Mechanismen, um den ökologischen Fußabdruck in Sachen Wasser sichtbar zu machen. Um zu zeigen, wie viel Wasser tatsächlich verbraucht wird und daraus eine Art Geldpuffer oder Fonds zu entwickeln, um den Grundwasserspiegel wiederherzustellen in den Gegenden, in denen er wegen der Basmati-Produktion abgesunken ist."Umweltschonendere Techniken zur Bewässerung der Felder, etwa spezielle Sprinkleranlagen, gibt es bereits. Sie könnten helfen, zu verhindern, dass der Grundwasserspiegel noch weiter sinkt. Für die Reisbauern in Haryana ist jedenfalls klar: So wie jetzt kann es mit dem Anbau von Basmati nicht mehr lange weiter gehen.