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Bei Heimstaden wird's kalt

Teilweise können Wohnungen von Heimstaden-Mieter*innen nicht mehr auf 20 Grad beheizt werden. Foto: Imago Images Ipon

Von mehreren Wochen bis zu zwei Monaten ohne Heizung und warmes Wasser berichten Mieter*innen des Wohnungskonzerns Heimstaden. Mitten im Winter, an Weihnachten. Zu Beginn jeder Heizperiode gebe es das Problem in vielen der Häuser, die bis Anfang Dezember noch der Firma Akelius gehörten. "Das liegt daran, das Akelius über Jahre nicht in die Instandhaltung der Häuser inklusive Heizungsanlagen investiert hat", sagt Kai vom Bündnis Stop Heimstaden, ehemals Stop Akelius, zu "nd". Seinen Nachnamen will er aus Angst, seinen Mietvertrag zu verlieren, nicht in der Zeitung lesen. Kai vermutet, dass die Instandhaltungen vernachlässigt wurden, weil sie keine Mieterhöhungen rechtfertigen - anders als Modernisierungen.

Als solche hatte Akelius schon 2019 und hat die neue Eigentümerin Heimstaden im Dezember 2021 einen hydraulischen Abgleich durch die Firma MyWarm angekündigt, der nach Angaben von Heimstaden bereits in 100 Gebäuden in Berlin durchgeführt wurde, 25 weitere seien in Planung. Ein hydraulischer Abgleich ist notwendig, wenn die Heizkörper eines Gebäudes je nach Entfernung zur Heizanlage unterschiedlich viel Wärme abgeben. Nach Ansicht von Stop Heimstaden reagiere die Maßnahme also auf einen Mangel der Heizungsanlage und sei daher eine Instandsetzung.

Das Unternehmen sieht das anders: "Der hydraulische Abgleich ist den Modernisierungsmaßnahmen zuzuordnen. Denn es handelt sich um eine bauliche Maßnahme, die dazu führt, dass die bestehende Heizungsanlage effizienter arbeitet, sodass weniger Endenergie verbraucht wird", sagt Heimstaden-Sprecher Michael Lippitsch auf nd-Anfrage. Die Maßnahme solle langfristig dem Umweltschutz dienen.

Laut Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, ist die Einordnung als Modernisierungsmaßnahme jedoch nicht eindeutig geklärt. 2020 urteilte das Amtsgericht Charlottenburg über einen hydraulischen Abgleich in einem Vonovia-Gebäude, es sei "zweifelhaft, ob der hydraulische Abgleich für sich genommen eine energetische Modernisierung darstellt". Damals sprach einiges dafür, "dass es sich um eine Mangelbeseitigung handelt", da die Berechnung der Energieeinsparung nicht nachvollziehbar gewesen sei.

Nach Berechnungen von MyWarm könne Heimstaden, so Michael Lippitsch, durch den hydraulischen Abgleich im Durchschnitt eine Energieeinsparung von 30 Prozent erreichen und entsprechend auch die Kosten für Heizung und Warmwasser senken. Akelius habe die Installationskosten bei regulären Mietverträgen umgelegt. Wie Heimstaden selbst diesbezüglich verfahren will, gab der Konzern auf Nachfrage nicht bekannt. Mit der Ankündigung der Modernisierung seien jedenfalls keine Mieterhöhungen mitgeteilt worden, sagt Heimstaden-Mieter Kai. Eine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung müsse jedoch die Information über die Mieterhöhung bereits enthalten, erklärt Reiner Wild vom Mieterverein - andernfalls sei eine solche nicht rechtens.

Stop Heimstaden befürchtet dennoch, dass der hydraulische Abgleich "ein weiterer Versuch ist, die Miete zu erhöhen und dies als energetische Sanierung zu tarnen", so Kai. Er bezweifelt, dass das MyWarm-System tatsächlich zur Energieeinsparung führt, da es bei einigen Mieter*innen zu einer Verschlechterung der Heizbarkeit gekommen sei: "Trotz intensiven Heizens kann nicht einmal mehr eine Raumtemperatur von 20 Grad Celsius erreicht werden." Dazu sagt Lippitsch, Heimstaden vertraue "auf die Servicequalität der Firma MyWarm, die mit einem patentierten Verfahren des hydrauli-schen Abgleichs per Messverfahren seit mehr als zehn Jahren am Markt aktiv ist". Der Großteil der Mieter*innen reagiere seinen Angaben nach positiv auf die Maßnahmen.

Stop Heimstaden kritisiert jedoch außerdem, dass das Unternehmen die vorgegebene Ankündigungsfrist von mindestens drei Monaten vor der Installierung nicht eingehalten, von den Mieter*innen Duldungserklärungen eingefordert habe und sie ihre Wohnungen mehrere Tage lang Heizungsinstallateur*innen zugänglich machen müssten - trotz Pandemie. Modernisierungsmaßnahmen sind duldungspflichtig. "Das Gesetz sieht allerdings nicht vor, dass der Mieter oder die Mieterin der Maßnahme schriftlich zustimmen muss", meint Heimstaden-Sprecher Lippitsch.

Ohne Zustimmung der Mieter*innen seien Modernisierungen, anders als Instandhaltungen, laut Rainer Wild vom Mieterverein jedoch definitiv nicht möglich. Bei Ablehnung könne der Eigentümer die Maßnahme gerichtlich durchsetzen, andernfalls gebe es keinen Rechtsanspruch darauf und die Mieter*innen seien nicht verpflichtet, Techniker*innen in ihre Wohnungen zu lassen. Die Antwort der bei Stop Heimstaden organisierten Mieter*innen darauf ist eindeutig: "Wir Mieter*innen lehnen entschieden und konsequent die Installierung des MyWarm-Systems in unseren Wohnungen ab", heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung.

Prinzipiell hält Reiner Wild hydraulische Abgleiche für begrüßenswert, doch die Sozialverträglichkeit energetischer Sanierungen sei ordnungsrechtlich nicht ausreichend geklärt. "Wir können nicht Tausende von Mietern auf die Straße modernisieren", sagt er. Eigentlich sollten Fördermittel dazu dienen, die Kosten für Mieter*innen zu reduzieren. Aber viele Eigentümer*innen würden diese gar nicht nutzen, da sie, je nach Quadratmeterpreis der Wohnung, zwei bis drei Euro pro Quadratmeter auf die Miete umlegen dürfen. Der im vergangenen Jahr gekippte Mietendeckel habe maximal einen Euro pro Quadratmeter erlaubt. "Wir brauchen wieder eine solche Deckelung, damit die Umlage sich nicht lohnt. Parallel muss die Politik größere Fördermöglichkeiten und ordnungsrechtliche Bestimmungen für energetische Sanierungen einführen", fordert Wild.

Stop Heimstaden glaubt jedenfalls nicht, dass es dem Unternehmen um klimagerechte Instandsetzung geht, "sondern vor allem um den eigenen Profit".

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