Sie haben einen positiven Corona-Test oder Kontakt zu einer infizierten Person und fragen sich, wie es jetzt weitergeht? Der SZ-Quarantäne-Bot sagt Ihnen, was Sie in Bayern rechtlich tun müssen - und was Sie tun sollten.
Wer an Covid-19 erkrankt ist oder mit einer infizierten Person in Kontakt war, sollte sich isolieren - so weit, so klar. Doch anders als in den ersten Wellen der Pandemie gibt es inzwischen diverse Ausnahmen und Detailregelungen, je nach Impfstatus und Ausgangssituation. Viele Menschen haben den Überblick verloren, was nun für sie gilt, wenn sie ein positives Testergebnis, Symptome oder nach einem Kontakt Sorgen haben. PCR-Tests sind knapp und zum Teil mit langen Wartezeiten verbunden - und bis sich das Gesundheitsamt meldet, sind Infektion oder Quarantäne oft längst überstanden.
Hier können Sie herausfinden, was für Sie in Ihrer aktuellen Situation gilt. Der SZ-Quarantäne-Bot fragt ab, was in Bayern dafür rechtlich ausschlaggebend ist - und was aus wissenschaftlicher Sicht die vernünftigste Verhaltensweise wäre.
Fragen und Antworten zu den Ergebnissen des Quarantäne-Bots:
Ich hatte Kontakt zu einer infizierten Person, aber das Gesundheitsamt hat mich noch nicht benachrichtigt. Warum muss ich nicht in Quarantäne?
Eine enge Kontaktperson muss nur dann in Quarantäne, wenn sie von einem Gesundheitsamt darüber informiert wurde, so legt es die bayerische Allgemeinverfügung (AV) Isolation fest. Eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums sagt zur Begründung: „Die für enge Kontaktpersonen angeordnete Quarantäne stellt eine nicht unerhebliche Freiheitsbeschränkung dar." Dieser Grundrechtseingriff solle nur erfolgen, wenn aufgrund einer fachlichen Bewertung von einer erhöhten Ansteckungsgefahr auszugehen sei - darum komme es auf die Mitteilung des Gesundheitsamts an.
Das Ministerium weist allerdings darauf hin, dass sich Haushaltsmitglieder von Infizierten in freiwillige Quarantäne begeben sollten: Das Infektionsschutzgesetz sehe für eine solche freiwillige Quarantäne sogar eine Entschädigung für Verdienstausfälle vor.
Wissenschaftler halten diese Regelung für zu schwach, zumal es derzeit oft lange dauert, bis man etwas vom Gesundheitsamt erfährt. Viele Gesundheitsämter haben die Kontaktnachverfolgung laut dem Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes ohnehin längst eingestellt. „Rechtlich scheint es schwierig zu sein, Menschen dazu zu verpflichten, zu Hause zu bleiben, wenn sie keinen offiziellen Bescheid haben", sagt Hans-Georg Kräusslich, der Direktor der Virologie am Universitätsklinikum Heidelberg. „Aber eigentlich ist es sinnvoll, dass jede engere Kontaktperson eines nachgewiesenermaßen Infizierten einen Test macht und danach zu Hause bleibt und den Kontakt zu anderen Menschen so lange meidet, bis das Ergebnis vorliegt."
Ist es sinnvoll, dass Schul- und Kitakinder schneller wieder aus der Quarantäne kommen können als Erwachsene?
Schulkinder können sich bereits nach fünf Tagen freitesten, andere erst nach sieben Tagen. Wissenschaftlich sei das nicht zu begründen, sagt die Virologin Ulrike Protzer: „Das ist mehr an praktischen Aspekten orientiert, damit die Kinder nicht länger als eine Woche in der Schule fehlen." Auch Hans-Georg Kräusslich sagt, Hintergrund sei vornehmlich die Abwägung zwischen dem Infektionsschutz und dem Wunsch, die Bildungsmöglichkeiten für Kinder zu erhalten: „Es hat nichts damit zu tun, dass Kinder etwa weniger lange infektiös wären als Erwachsene, wenn sie sich angesteckt haben. Das ist nicht der Fall."
Ich lebe mit einer infizierten Person in einem Haushalt, jetzt hat sich noch ein weiteres Haushaltsmitglied angesteckt. Warum verlängert sich meine Quarantäne als Kontaktperson nicht?
Die Quarantäne für alle Personen in einem Haushalt dauert im Regelfall zehn Tage, gerechnet vom Tag des Symptombeginns beziehungsweise des positiven Abstrichs des ersten infizierten Haushaltsmitglieds. (Nach fünf beziehungsweise sieben Tagen besteht dann die Möglichkeit zum „Freitesten".) Selbst wenn sich in dieser Zeit noch jemand ansteckt, verlängert sich die Quarantäne für die übrigen in der Wohngemeinschaft oder Familie nicht.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) sehe das schon seit Längerem so vor, heißt es aus dem bayerischen Gesundheitsministerium zur Begründung. „Grundlage war eine Untersuchung des RKI, die belegen konnte, dass sich Haushaltsangehörige, wenn es zu einer Ansteckung kommt, meist frühzeitig anstecken und daher die Quarantänedauer auch bei Folgefällen nicht verlängert werden muss."
Wissenschaftler halten die Regelung dennoch für gewagt. „Ich finde das nicht logisch", sagt der Heidelberger Virologe Hans-Georg Kräusslich. „Man kann sich nicht darauf verlassen, dass sich alle Familienmitglieder gleich zu Beginn anstecken. Wir sehen durchaus, dass sich manche Personen im familiären Umfeld initial nicht anstecken, aber bei den sekundären Fällen dann doch noch." Allerdings sinke die Wahrscheinlichkeit bei den Folgefällen, so Kräusslich: Wer sich beim ersten Haushaltsmitglied trotz des unmittelbaren Kontakts nicht ansteckt, der habe wahrscheinlich gerade eine gute Immunabwehr und sei deshalb auch bei den weiteren Infektionsfällen im Haushalt mit höherer Wahrscheinlichkeit geschützt. „Die Gefahr, sich bei einer zweiten Person dann doch noch anzustecken, ist deshalb sicher geringer, aber sie ist nicht null."
Ich habe ein positives Selbsttestergebnis und/oder Covid-typische Symptome. Bin ich verpflichtet, das irgendwo zu melden?
Nein. Laut Infektionsschutzgesetz müssen nur jene ein positives Testergebnis melden, die offiziell und professionell testen - also beispielsweise Ärztinnen oder Mitarbeitende in Testzenten. Sie als Privatperson sind dazu nicht verpflichtet, wenn Ihr Schnelltest zu Hause zwei Striche gezeigt hat.
Eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums sagt: „Gleichwohl wird den betreffenden Personen empfohlen, dass sie sich zu Hause absondern und über den Hausarzt oder die Kassenärztliche Vereinigung eine Testung vereinbaren."
Dieser Empfehlung sollte man unbedingt folgen, sagt Ulrike Protzer, die Direktorin der Virologie am Helmholtz-Zentrum und der TU München. „Solche Tests sind selten falsch-positiv, deshalb sollte man das Ergebnis ernst nehmen und direkt zu einer offiziellen Teststelle gehen, um es überprüfen zu lassen." Bekommt man aufgrund der Testkapazitäten keinen PCR-Test, empfehlen Wissenschaftler als zweitbeste Lösung einen professionell gemachten Antigen-Schnelltest.
Methodik: Das steckt hinter dem Quarantäne-Bot
Die Grundlage des Quarantäne-Bots ist die Allgemeinverfügung (AV) Isolation der bayerischen Landesregierung, die in ihrer aktuellen Version in der Regel hier zu finden ist. Die AV mit Stand vom 1. Februar 2022 ist derzeit noch hier nachzulesen.
Der Quarantäne-Bot fragt zunächst die juristischen Bedingungen ab, die eine Person erfüllen muss, um nach der AV als enge Kontaktperson, Verdachtsperson oder positiv getestete Person zu gelten. Daraufhin gibt er die rechtlichen Konsequenzen aus, die in der AV festgelegt sind.
Es gibt Fälle, in denen nach wissenschaftlichen Maßstäben eine Gefährdung vorliegt, nach formalen Kriterien allerdings keine Pflicht zur Quarantäne oder Isolation besteht. In diesen Fällen gibt der Quarantäne-Bot Empfehlungen aus, die auf dem aktuellen wissenschaftlichen Konsens sowie den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zum Umgang mit engen Kontaktpersonen basieren.
Der Quarantäne-Bot wird regelmäßig aktualisiert und Veränderungen der Rechtslage oder dem Stand der Forschung angepasst.
Recherche Christina Berndt, Leonie Rothacker
Redaktion Christina Berndt, Hanno Charisius, Sabrina Ebitsch, Maximilian Ferstl, Ingrid Fuchs, Sophie Menner, Leonie Rothacker, Kassian Stroh, Marie-Louise Timcke
Entwicklung Stefan Kloiber, Marie-Louise Timcke, Benedict Witzenberger, Moritz Zajonz
Digitales Storytelling Sabrina Ebitsch, Leonie Rothacker