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Kolumne

Essay-Journal: UNSINN

Sinn oder Unsinn? Das ist die Sinnfrage. Eine Inflation von Sinn zeitigt sich, sobald man sich damit herausredet, ob es im Großen und Ganzen Sinn gebe, sei unerheblich, wenn es vollauf genüge, dass etwas "jetzt" und "für mich" Sinn habe. Eine solche Sinnflation ist gleichbedeutend mit einer maßlosen Aufwertung von Unsinn.

Aber nicht schon der Eigensinn des "jetzt für mich" ist Unsinn, sondern erst der Eigensinn, der anderen Eigensinn enteignet, als ob dieser nur "Unsinn für mich" sein könne, wo nicht zufällig "wir" zwei übereinstimmen und sich so ein Gemeinsinn ergibt. Verdankt sich Gemeinsinn nur zufälligen Übereinstimmungen und "Wir-Gefühlen"? Dann wäre es höchst sinnvoll, wenn überall Gleichgesinnte zusammenfänden und zusammenhielten. Indessen ist die Frucht eines solch kollektiven Eigensinns, sofern er abweichenden Gemeinsinn und Eigensinn anfeindet und zu enteignen trachtet, ein so gemeiner Sinn, dass an ihm der Unsinn deutlichst überwiegt.

Nur ein jederlei Eigensinn einbeziehendes "Wir-Gefühl" könnte den Unsinn bannen, in der Konsequenz sogar ebenfalls einbeziehen. Denn ohne ein gerüttelt Maß an Narrenfreiheit lässt sich nicht sinnvoll leben. Die optimale Mischung von Sinn und Unsinn ist die Antwort auf die Sinnfrage.

(ABC-Bild: Tim Reckmann / pixelio.de)