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Medien - Kai Diekmann möchte jetzt unser Geld

Diekmanns Größe und Tatendrang sind auf der Fassade des Rudi-Dutschke-Hauses der taz für die Nachwelt festgehalten Foto: Matthias Kern/Getty Images

Alte, weiße Männer. Darüber etwas zu schreiben, bietet sich hier an, über Midlife-Crisis und Testosteron-Überschuss. Denn es geht um Kai Diekmann. Eigentlich könnte der Journalist, der zum 1. Januar aus dem Springer-Konzern, wo er zuletzt Chefredakteur von Bild war, ausgeschieden ist, sich im Ruhestand zurücklehnen. Seine Größe und sein Tatendrang sind schließlich auf der Fassade des Rudi-Dutschke-Hauses, in dem die taz residiert, für die Nachwelt festgehalten: in Form eines fünfstöckigen Penis.

Doch den Macher plagt wohl der Drang, es einfach nicht lassen zu können. Nach einem längeren Aufenthalt im Silicon Valley hat er schon 2013 in puncto Zukunft Stilgeschichte geschrieben, er wurde zur Bart-Ikone. Nach seinem Ausstieg bei Springer wurde er politischer Berater beim Unternehmen Uber (an dem wiederum Springer Anteile hält) und im Oktober wurde bekannt, dass er mit Philipp Jessen, ehemals Chef von stern.de, und dem Eventmanager Michael Mronz ein Projekt namens Storymachine plant. Um was genau es bei der Content-Agentur gehen sollte, war allerdings unklar.

Nun kommt unverhofft Licht in die Sache, denn das ist Diekmanns neuer Coup: Mit dem Banker Leonhard „Lenny" Fischer legt er einen „Zukunftsfonds" auf. Die zwei kennen sich schon seit der Schülerzeitung. Ziel dieses „Volksfonds" soll sein, binnen einiger Jahre eine Summe von 20 Milliarden Euro von Anlegern zu bekommen, die bisher ihr Geld auf dem Sparbuch haben, und diese bei geringen Kosten (1,4 Prozent pro Jahr) zu Rendite zu bringen. Zwei bis vier Prozent sollen drin sein. Finanzmarktexperten heben nun bitte die Augenbrauen.

Aber was will ein Medienmacher im Fondsgeschäft? „ Bild hatte stets ein maximal breites Publikum, hat stets und überall die Komplexität reduziert und alles so einfach wie möglich gemacht. Und war immer die günstigste Zeitung am Kiosk. Unser Fonds und unser Geschäftsmodell werden exakt den gleichen Prinzipien folgen", sagte Diekmann dem manager magazin.

Die Frage ist also: Werden die Menschen, die einst ihre Meinungsbildung in die Hände dieses Mannes legten, das auch mit ihrem Geld tun? Und was ist mit den zweieinhalb Millionen Lesern, die Bild unter Diekmanns Ägide verlor? Vorausgesetzt natürlich, sie haben Geld zum Anlegen. Ein paar tausend Euro auf der hohen Kante hat ja nicht jeder.

Flankiert werden soll das Ganze durch „digitale Kooperationen". Diekmann ist dabei natürlich für die Vermarktung zuständig und plant eine „journalistisch unabhängige" Finanzwebsite, die - und hier schließt sich der Kreis - von seinem Content-Unternehmen Storymachine betrieben werden soll. Aber ob der „Zukunftsfonds" die Geburtshilfe braucht? Schon die Lancierung des Projekts genoss umfassende Berichterstattung. Das manager magazin widmete den beiden Herren gar sein Titelblatt. Dabei wurde der Kontrast im Foto so aufgedreht, dass man Lust bekam, schon in den weisen Gesichtsfurchen nach Rendite zu suchen. „Diekmann sells" und deswegen berichteten auch zahllose andere Periodika nicht einfach: „Es gibt irgendeinen neuen Fonds", sondern erzählten vom „Volksfonds".

Der soll schließlich Leute erreichen, die sich bisher nicht an Finanzthemen herangetraut haben und deren Geld auf Sparbüchern schleichend der Inflation zum Opfer fällt. Leser sollen also zu Kunden werden, die Diekmann und Co. reich machen. Oder war es andersherum?

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