Aus: Ausgabe 40/2015
Der Katalane lebt im Nordosten Spaniens, aber er ist kein Spanier. Er ist Katalane. Er hat seine eigene Kultur, seine eigene Sprache, seine eigene Identität, seine rot-gelbe Flagge. Der Katalane ist stolz auf seine Herkunft, seine Region zählt zu den wirtschaftsstärksten im ganzen Land. Es geht ihm gut, er ist fleißig und sparsam. Es würde ihm noch besser gehen, wären da nicht die armen, faulen Madrilenen, die ihm das Leben schwer machen. Seit der Finanzkrise saugt die spanische Zentralregierung am reichen Katalonien. Das macht die Menschen rund um Barcelona wütend. Denn jahrelang wurden sie von Madrid gedemütigt, nicht anerkannt. Diktator Franco verbot ihre Sprache, versuchte die katalanische Kultur auszurotten. Auch Ministerpräsident Mariano Rajoy hat die stolzen Katalanen gekränkt, als er ihre Reform des Finanzausgleichs zwischen den Regionen barsch ablehnte.
Jetzt haben die Katalanen ein Zeichen gesetzt, eher ein Kreuzchen: Sie haben am Sonntag bei den Regionalwahlen das separatistische Parteienbündnis "Junts pel Sí" gewählt und somit für ihre Unabhängigkeit votiert. Die Katalanen wollen ihren eigenen Staat und sich endlich vom ungeliebten Spanien loslösen. Madrid wird diese Abspaltung nicht zulassen, denn die Separation ist nicht rechtens. Die Katalanen hoffen weiter. Es soll wieder so werden wie vor 1469: Damals dominierten die Großmächte Kastilien und die Konföderation Katalonien-Aragón die Iberische Halbinsel. Erst die Ehe der Katholischen Könige vereinte die beiden Königreiche. Jetzt soll die Scheidung her.