Lars Sobiraj

Online-Journalist, Bergisch Gladbach

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Telegram plant ICO, eigene Blockchain Plattform und Währung

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Neuigkeiten beim Gründer der Messenger App Telegram, der auch für das soziale Netzwerk Vkontakte verantwortlich war. Pawel Durow hatte bereits 2010 versucht, auf vk.com sein eigenes Bezahlsystem zu etablieren, was allerdings scheiterte. Einer seiner Mitarbeiter plauderte nun aus, dass Durow sein Projekt nun mit moderneren Mitteln monetisieren will.

Pawel Durow gründete zusammen mit seinem Bruder Nikolai im Jahr 2006 das größte soziale Netzwerk Russlands. Bei VKontakte.ru sind über 90 Millionen Menschen angemeldet, die dort in 81 Sprachen miteinander kommunizieren. Anton Rosenberg hat früher als CTO bei VKontakte gearbeitet und ist derzeit beim Messenger-Dienst Telegram tätig, der nach eigenen Angaben über 180 Millionen aktive Nutzer verfügt. Rosenberg glaubt, Durow liebe Hypes und sehe die Finanzierung seines Messengers als echte Herausforderung an, zumal dort laut der eigenen Vorgaben jegliche Werbung verboten ist. Eine ICO-Finanzierung wäre hingegen eine Möglichkeit, den populären Messenger-Dienst dauerhaft zu betreiben und diesen zu Geld zu machen.


Die neuen Gerüchte besagen, der russische IT-Investor plane nun, bei Telegram eine eigene Kryptowährung zu veröffentlichen. Die Namen Gram und DurowCoin sollen dabei gefallen sein. Die neue Kryptowährung soll eingebettet werden in eine eigene Blockchain-Plattform, die extrem schnelle Transfers ermöglichen soll. Das Projekt heißt Telegram Open Network (TON) und soll auf der Popularität der Software aufbauen. 2010 gab es erste Versuche, bei VKontakte einen eigenen Bezahldienst inklusive der Währung "Rubel VC" zu etablieren, was scheiterte. Weniger als 1 % der VKontakte-Nutzer waren damals bereit, diese neue Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Doch damit steht vk.com nicht alleine da. Auch bei Facebook steht die private Natur des Netzwerks für viele Anwender deutlich im Vordergrund, was den Handel mit Waren über den Facebook Marketplace erschwert. VKontakte spielt für die Gebrüder Durow sowieso keine Rolle mehr, 2014 übernahm die Betreibergesellschaft von Mail.ru das soziale Netzwerk, welches in Russland mit Abstand am beliebtesten ist. Man investierte 1,13 Milliarden Euro und besaß schon vorher die Hälfte der Anteile. Gerüchte besagen, Putin habe die früheren Betreiber von VKontakte wegen der mangelnden Kooperation massiv unter Druck gesetzt. Durow hatte sich stets geweigert, die Daten seiner Nutzer an die russische Regierung zu übermitteln. Am Ende verlor er die Übernahmeschlacht gegen den Internet-Gigangen Mail.ru.


Anton Rosenberg glaubt, eine eigene Kryptowährung könne zum Beispiel im Iran und Usbekistan eine besonders große Rolle spielen, weil dort sehr viele Telegram-Nutzer leben und die Anwendung der heimischen Währungen mit enormen Problemen verbunden ist. Beim geheimen Chat zwischen zwei Personen wird die Kommunikation Ende-zu-Ende-verschlüsselt durchgeführt, was für staatliche Stellen jegliche Überwachung unmöglich machen soll. Nach Medienangaben macht die Kommunikation via Telegram im Iran rund 40 % des Internetverkehrs aus. Dort wurde Durow wegen der angeblichen Unterstützung von Terrorismus in Abwesenheit verurteilt. Sein jetziges Projekt soll zu keinem Zeitpunkt verkauft werden, weil ihm dafür die Privatsphäre seiner Nutzer zu sehr am Herzen liege, so Durow. Selbst für 20 Milliarden US-Dollar würde er Telegram zeitlebens nicht veräußern.


Eine offizielle Bestätigung inklusive eines Zeitplans steht noch aus, bisher gibt es lediglich das Video über die Zukunftspläne des Unternehmens (siehe unten). Fest steht: Durow hat sich in Bezug auf das Thema Bitcoin stets sehr positiv geäußert. Er hat darin investiert, als der Bitcoin noch bei 750 Dollar pro Stück lag, und sieht diese Kryptowährung als " digitales Gold " an. Auch wenn Nikolai und Pawel Durow fürstlich für die Übernahme von VKontakte entlohnt wurden, so tragen sich die Kosten von Telegram nicht von alleine. Einen eigenen Coin in den Messenger zu integrieren und im Vorfeld per ICO Gelder für die Entwicklung der Blockchain-Plattform einzusammeln, klingt deswegen logisch.

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