Lars Sobiraj

Online-Journalist, Bergisch Gladbach

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ING Bank: Bitcoin bleibt ein Nischenprodukt

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Der Chefanalyst der niederländischen ING Bank, Teunis Brosens, geht davon aus, dass der Bitcoin auf lange Sicht der breiten Öffentlichkeit „wenig zu bieten" habe. Brosens schätzt auch seinen Wert für zu hoch ein. Open-Source-Projekte könnten zudem leicht von Dritten kopiert oder in abgeänderter Form veröffentlicht werden.

Der Chefanalyst der niederländischen ING Bank hat gestern auf seinem LinkedIn-Profil seinen Reality Check des Bitcoin veröffentlicht. Langfristig habe der Bitcoin der breiten Öffentlichkeit nur wenig zu bieten. Teunis Brosens glaubt, dies bleibe auf Dauer eine Nischenwährung von ein paar technikverrückten Erstanwendern. Auch kann Brosens eher wenig mit dem Open-Source-Gedanken anfangen. Da die Bitcoin-Plattform quelloffen ist, darf sie jeder kopieren oder eigene Forks (also Abwandlungen bzw. Weiterentwicklungen) erstellen. Wenn der Bitcoin wie angenommen ein "digitales Gold" sei, dann wären alle Forks und Kopien erfolgreiche Formen "digitaler Alchemie". Der Bitcoin selbst könne zwar auf Basis seiner eigenen Blockchain knapp werden, was den Wert natürlich steigert. Aber diese Blockchain könne unbegrenzt oft kopiert werden. Ähnlich wie bei sozialen Netzwerken könne sich die Dominanz der führenden Kryptowährung ständig ändern. Wer außer den älteren Lesern erinnert sich noch an SchülerVZ oder MySpace, jetzt reden alle nur noch von Facebook oder WhatsApp. Die jetzige Werteinschätzung vieler Anlieger besteht in der Überzeugung, dass die derzeitige Dominanz des Bitcoin ewig so bleiben wird. Doch was ist in 12 oder 24 Monaten? Der Markt kann sich schnell wandeln.


Auf einen Preissturz könnten repressive Überwachungsmaßnahmen folgen


Die positiven Effekte durch das (dezentrale) Netzwerk würden zwar einen gewissen Wert besitzen, diese könnten aber „ viel kleiner sein als erwartet". Regierungen, Aufsichtsbehörden oder Zentralbanken werden dezentrale Finanznetze wahrscheinlich nie wirklich zu schätzen wissen, so der Ökonom Brosens. Ein negatives Ereignis, wie ein 

Preisverfall, gefolgt von großer öffentlicher Empörung, könnte repressive " Überwachungsreaktionen " staatlicher Stellen auslösen.


Bitcoin ungeeignet als Zahlungsmittel


Der realistische Wert dieser virtuellen Währung hängt alleine von seiner zukünftigen Verwendung ab. Man könne es nur als Währung kaufen und als Geldanlage behalten in der Hoffnung, dass Dritte künftig bereit sind, dafür noch mehr Geld zu bezahlen. Es sei unwahrscheinlich, dass der Bitcoin als globales Zahlungsmittel eine größere Rolle einnehmen werde. Als Zahlungsmittel sei er für kleine Zahlungen aufgrund seines vollgestopften Netzwerkes und der hohen Transaktionskosten (im November waren es durchschnittlich 8 US-Dollar) schlichtweg unattraktiv. Hinzu käme der vergleichsweise hohe Stromverbrauch, der weltweit durch die Nodes im BTC-Netzwerk erzeugt würden.


Wert zu instabil, Open Source als Innovationsbremse?


Thema Volatilität: Im Gegensatz zum Fiatgeld (staatliche Geldmünzen & -scheine) wird der Wert des Bitcoin nicht von der Zentralbank eines Staates maßgeblich beeinflusst. Beim Bitcoin schwanke Angebot und Nachfrage, was den Wert von Natur aus volatil (veränderlich) gestaltet. Da es keine zentrale Steuerung gebe, würde sich die Umsetzung von innovativen Maßnahmen in einem sehr langsamen und schmerzhaften Prozess hinziehen. Der Analyst befürchtet auch, die Macht liege in den Händen einiger weniger Parteien, dadurch käme es zu einem enormen Machtpotenzial. Man erinnere sich an die aktuellen Berichte von rund eintausend Bitcoin-Walen, denen rund 40 % dieser Kryptowährung gehört und die theoretisch damit machen könnten, was immer sie wollen, sofern sie sich untereinander absprechen würden.

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