1 Abo und 0 Abonnenten
Artikel

Imker zieht wegen vier Tonnen verunreinigten Honigs vor Gericht

Bild: dpa

Wegen zu hoher Glyphosatbelastung musste eine Imkerei aus dem Barnim tonnenweise Honig entsorgen und den Betrieb schließen. Nun entscheidet das Landgericht Frankfurt (Oder), ob ein Landwirt dafür Schadensersatz zahlen muss. Von Larissa Mass

Sebastian Seusing zieht vor Gericht: Der Imker aus Biesenthal (Barnim) fordert Schadensersatz, nachdem er im vergangenen Jahr mehr als vier Tonnen seines 2019 erwirtschafteten Honigs wegwerfen musste. Das Lebensmittelamt hatte in dem Honig bis zu 152-fach höhere Glyphosatrückstände als erlaubt festgestellt. Seusing macht gegenüber einem landwirtschaftlichen Unternehmen nun Schadensersatz geltend.

Am Dienstag startet nun der Prozess am Landgericht Frankfurt (Oder). Der ursprüngliche Termin am 30. März 2021 war ohne Angaben von Gründen verschoben worden.

Ende April 2019 hatte der Landwirt seine Fläche mit glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln behandelt. Die belasteten Pollen trugen die Bienen in den Bienenstock. Das Wachs sowie der entstandene Honig wurden damit kontaminiert und mussten vernichtet werden. Der Schaden für das Unternehmen beläuft sich nach Seusings Angaben auf etwa 70.000 Euro.

Das Imkerpaar Seusing hatte im Januar vergangenen Jahres während der Grünen Woche in Berlin gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung demonstriert. Öffentlichkeitswirksam luden sie zwei Tonnen ihres verseuchten Honigs vor dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ab - und verschütteten einen Teil der klebrigen Masse auf der Treppe.

Die Protestaktion wurde auch von der Aurelia Stiftung unterstützt - einer gemeinnützigen Umweltstiftung, die sich speziell für Bienen, bestäubende Insekten und den Erhalt der Artenvielfalt einsetzt. Sie richtete sich direkt an die Bundesregierung: Diese solle die Verwendung von Glyphosat und anderer Pestizide in blühenden Pflanzenbeständen untersagen.

Das Paar aus Barnim wirft Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) vor, zu wenig für den Schutz von Bienen und der ökologischen Artenvielfalt zu tun. In einer Pressemitteilung des Ministeriums hieß es, dass es sich bei den bislang aus Brandenburg bekannten Höchstgehaltsüberschreitungen von Glyphosat in Honig um Einzelfälle handle.

Der Einsatz von Glyphosat ist in Deutschland eigentlich nicht verboten. Doch in der Honigernte von der Imkerei Seusing wurde eine unzulässig hohe Konzentration festgestellt. Der Unkrautvernichter Glyphosat steht im Verdacht krebserregend zu sein. Mit dem Glyphosateinsatz in der Landwirtschaft soll am 31. Dezember 2023 Schluss sein, dann läuft die Zulassung in der EU aus [tagesschau.de].

Mehr zum Thema

Sebastian Seusing betrieb die 2009 von ihm gegründete Imkerei mit seiner Frau, seit 2014 gemeinsam mit zwei bis drei Mitarbeitern im Vollerwerb. Gut 200 Bienenvölker betreute das Paar. Das Naturprodukt verkaufte sich gut an eine Bio-Supermarkt-Kette sowie an Reformhäuser. Die belastete Ernte 2019 bedeutete eine starke Einbuße.

Der benachbarte Landwirt als Verursacher entschuldigte sich zwar, zahlen wollte er jedoch nicht. Das Paar entschied sich dazu, den Imkereibetrieb im Vollerwerb aufzugeben.

Der Berufsverband der Imker unterstützt Seusing ebenso wie die Aurelia Stiftung. Zuletzt wurde Sebastian Seusing für sein Engagement mit dem "Goldenen Stachel" geehrt, einer Auszeichnung des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbunds (DBIB).

Auf der Webseite der Imkerei Seusing führen die Kläger aus, dass sie gemeinsam mit der Aurelia Stiftung anstreben, in dem Gerichtsstreit "ein mustergültiges Urteil zu erwirken, das künftig zu einem angemessenen Schutz vor Pestizideinträgen möglichst für alle - Verbraucher, Produzenten, Bienen und Umwelt - führen soll". Zur Schadenskompensation und Deckung der Prozesskosten sammeln sie auch Spenden.

Hinweis: Der Text wurde am 30.3.2021 erstveröffentlicht anlässlich des ursprünglich anvisierten Prozesstermins. Diese Fassung ist leicht aktualisiert.

Sendung: Antenne Brandenburg, 30.03.2021, 10 Uhr Die Kommentarfunktion wurde am30.03.2021 um 20:26 Uhr geschlossen

Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

Zum Original