Lara Wiedeking

Redakteurin & Autorin für Bewegtbild

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Leben mit HIV: Auch die Mutter ging auf Abstand

Birgit Reimers ist ihr halbes Leben HIV-positiv, seit 24 Jahren. Ihre Krankheit muss sie verheimlichen. Auch heute ist Aids noch immer ein Tabu.

Birgit Reimers* sitzt im Zimmer ihres Arztes. Seit ein paar Tagen wird die 25-Jährige wegen Hepatitis im Krankenhaus behandelt. "Möchten Sie vielleicht einen Schnaps?", fragt der Arzt. Schnaps? Zu diesem Zeitpunkt weiß sie nicht, wie krank sie wirklich ist. Ohne ihr Wissen hat der Arzt sie auf HIV getestet - und das Ergebnis ist positiv.

In diesem Jahr wird Reimers 49 Jahre alt. Als die Frau mit dem akkuraten Kurzhaarschnitt und den freundlichen Augen von dem Schnaps-Angebot ihres Arztes spricht, lacht sie auf - kurz, laut, ein wenig kratzig. "Das war wirklich eine skurrile Situation", so Reimers. Doch sofort wird sie wieder ernst: "Ich wusste, da ist was im Busch." Sie habe noch gut zehn Jahre zu leben, teilte der Arzt ihr mit. "Die Jahre nach der Diagnose habe ich immer darauf gewartet, dass etwas passiert. Dass ich sterbe", sagt sie und blickt auf ihre Hände, die sie während des Gespräches immer wieder knetet. Draußen scheint die Sonne, man hört Vögel zwitschern, es wird langsam Frühling. Dann grinst sie und sagt: "Jetzt sind es fast 25!"

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