Stuart Matthewman, der Gitarrist ihrer Band, erzählte Adu lachend vor zehn Jahren in einem Interview, hätte ihr ein Foto geschickt, auf dem ein Poster von ihr zu sehen war, über das jemand "The bitch sings only when she wants to" gekrakelt hatte. Sowas also findet eine Adu witzig: banale Wahrheiten. Eine andere, nicht minder banale Wahrheit lautet: Sade machen vielleicht Musik, die in der Theorie eigentlich niemand mögen dürfte, die in der Praxis aber unmöglich nicht geliebt werden kann. Denn so sanft und soft sie auch sein mag, ist sie dennoch an den richtigen Stellen subtil und nicht selten sogar subversiv. Wie auch die Person dahinter wie eine Charismatikerin ohne Charakter erscheint, als kleine Projektionsfläche für ganz große Gefühle, hinter der herzlich wenig zu finden ist. Was nur eben nicht heißt, dass dort nichts befinden würde, sondern dass sie schlicht nichts anbieten will. Adu ist der größte Superstar, der nie einer sein wollte, ihre Magie ohne Mysterium. Während andere auf allen Kanälen ihr Image kultivieren, lebt sie nach vier einfachen Regeln: Niemals mit der Boulevardpresse sprechen, keine Modestrecken, niemals bei Supermarkteröffnungen oder Galas auftreten und keinen roten Teppiche betreten. Ihr Label musste sie förmlich dazu zwingen, ihre Alben zu bewerben. Mittlerweile lebt sie in England auf dem Land und freut sich darüber, dass sie niemand aus der Nachbarschaft nach ihrem Privatleben befragt.
Kristoffer Cornils
Freier Journalist und Redakteur, Berlin
Feature
Sade - Magie ohne Mysterium (HHV.de Mag)
Eigentlich gibt es an der Musik von Sade nichts gutzuheißen. Sie ist smooth, samtig, säuselig. Unzeitgemäß. "Diamond Life" oder "Promise" sind Schallplatten, die auf jedem Flohmarkt in angestoßenen Pappkartons Staub sammeln und "Smooth Operator" oder "The Sweetest Taboo" Songs, zu denen höchstens überteuerter Rotwein aufploppt, die aber schon lange nicht mehr automatisch Knopfleisten öffnen. Denn die Zeiten sind andere als damals, Mitte der 1980er Jahre, als Helen Folasade Adu und ihre Band wie über Nacht weltbekannt wurden, das Verständnis von Coolness neu definierten und sich dann Schritt für Schritt immer rarer machten. Denn mit dem Riesenerfolg kam die Entschleunigung. Acht Jahre verstrichen zwischen dem vierten und dem fünften Album der Gruppe, dann folgte eine lange Pause und auf ein kurzes Comeback mit der LP "Soldier of Love" im Jahre 2010 herzlich wenig. Sade steuern zwei Songs zu Filmsoundtracks bei, mehr bekam die Welt zuletzt nicht zu hören.