Kristin Hermann

Reporterin Weser-Kurier und freie Journalistin, Bremen

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Traum erfüllt sich: Tina Rusin startet in Berlin als Tänzerin durch

Tina Rusin in Action: Die Bremerhavenerin ist auf dem besten Weg, sich ihren Traum von der Karriere als Tänzerin zu erfüllen. Foto: Dimitri Nuss

Es ist das erste Mal seit Monaten, dass Tina Rusin trotz Pandemie wieder auf einer großen Bühne stehen darf. Jede Bewegung und jeder Ausdruck in dem Gesicht der Tänzerin müssen stimmen, denn an diesem Sonnabend werden etliche TV-Kameras auf sie gerichtet sein, die ihren Auftritt live in die Wohnzimmer eines Millionenpublikums übertragen werden. „Stimmt nur eine Kleinigkeit nicht, steht zum Beispiel ein Fuß falsch, wirkt sich das direkt auf das Gesamtbild aus“, sagt die 28-Jährige.

Seit einigen Tagen trainiert sie mit fünf weiteren Berliner Tänzerinnen, ihrem Choreografen Serdar Bogatekin und Sängerin Mathea. Diese wird an diesem Sonnabend beim „Free European Song Contest“ für Österreich antreten und hat die Tänzerinnen für die Show in Köln engagiert. Es ist die zweite Auflage des Wettbewerbs, den Entertainer Stefan Raab für den Sender ProSieben als eine Alternative zum Eurovision Song Contest produziert.

Immer wieder dröhnt die Popballade „Tut mir nicht leid“ aus den Boxen der Tanzschule, bis jeder Schritt perfekt sitzt. Trotz der Anstrengung genießt Rusin jede Sekunde der Proben. „Ich schätze es sehr, nach den Monaten im Lockdown endlich wieder auf der Bühne zu sein. Das erfüllt mich mit Glücksgefühlen“, sagt sie. Rusin kommt eigentlich aus Bremerhaven. Dort kennt man sie vor allem als Trainerin und Choreografin der Tanzschule Beer und durch ihren Auftritt in der RTL-Castingshow „Das Supertalent“, bei dem sie 2018 die Jury um Dieter Bohlen als Lara-Croft-Verschnitt überzeugen konnte. Vor zwei Jahren zog sie der Liebe wegen nach Berlin – aber auch, um ihrem Traum als Profitänzerin ein Stück näher zu kommen.

Das gelingt der 28-Jährigen trotz Corona ziemlich gut. Seitdem sie in der Hauptstadt wohnt, hat sie unter anderem in mehreren Musikvideos mitgewirkt, war 2019 eine der Haupttänzerinnen der großen Silvestershow am Brandenburger Tor und mit Sängerin und Entertainerin Senna Gammour auf Deutschlandtour. „Berlin hat mir definitiv noch einmal mehr Möglichkeiten eröffnet“, sagt sie. Auch ihre Karriere als Trainerin hat Rusin weiter ausgebaut. So unterrichtet sie an vier verschiedenen Berliner Tanzschulen und arbeitete zuletzt als Choreografin mit Schauspielern der beliebten Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ zusammen. „Das Ergebnis am Ende im Fernsehen zu sehen, macht mich sehr stolz“, sagt sie.

Die vergangenen Monate seien zwar nicht immer leicht gewesen – ihre Motivation habe sie dadurch jedoch nie verloren. Viele ihrer Kurse gibt sie aktuell online vor der Kamera. „Das ist zwar nicht das gleiche, aber ich versuche die Teilnehmer trotzdem darüber mitzunehmen“, sagt sie.

Erst relativ spät entdeckte Tina Rusin ihre Leidenschaft fürs Tanzen. Mit 15 Jahren begann sie bei dem Bremerhavener Dennis Jauch, der seit vielen Jahren internationale Erfolge feiert und mit seiner Ehefrau, der Sängerin Leona Lewis, in Kalifornien lebt, Unterricht zu nehmen. "Von da an habe ich fast täglich trainiert und meine gesamte Leidenschaft und Energie dafür aufgewendet", sagt sie. Es folgten mehrere Titel als deutsche Meisterin und Vize-Weltmeisterin im Hip-Hop. Ihrer Familie und ihrem Umfeld klarzumachen, dass sie damit ihren Lebensunterhalt bestreiten will, habe dennoch viel Überzeugungsarbeit gekostet, erinnert sie sich. Vor ihrem Umzug nach Berlin hat Rusin regelmäßig im Hafen jobben müssen, weil die Einnahmen vom Tanzen nicht reichten.

Traum vom eigenen Musikfilm

Das habe sich mittlerweile geändert. Am Ziel angekommen ist die 28-Jährige deshalb noch nicht, sagt sie. Sie träume davon, einmal mit einem großen Musiker wie R&B-Sänger Chris Brown oder Beyoncé auf Tour zu gehen oder die Hauptrolle in einem Musikfilm zu übernehmen. Mit längeren Aufenthalten im Ausland habe sie dabei kein Problem – im Gegenteil. Daran habe sie während ihrer dreijährigen Ausbildung an einer Performing-Art-Schule in der Nähe von London oder mehreren Wochen in Los Angeles Gefallen gefunden.

Doch was genau unterscheidet Rusin eigentlich von ihrer Konkurrenz? Sie selbst sagt, ihre Power und ihre extreme Fokussierung. "Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen und mich zu 100 Prozent in das jeweilige Projekt zu stürzen." Und genau das zeigt die Tänzerin in den Proben mit Sängerin Mathea und ihren Kolleginnen. Sogar die kurzen Pausen nutzt sie, um weiter die Schritte durchzugehen oder mit einer der anderen Tänzerinnen Videos für ihre Social-Media-Kanäle aufzunehmen. So viel Engagement kommt bei Sängerin Mathea an: „Ich stehe das erste Mal mit Tänzerinnen auf der Bühne und finde, die Kraft des Songs wird dadurch nochmal ganz anders unterstrichen“, sagt sie.

Ungeachtet ihres neuen Lebens in Berlin und ihrer Träume von Auftritten in der ganzen Welt, hat Tina Rusin ihren Bezug zu Bremerhaven und Bremen nicht verloren. Regelmäßig besucht sie ihre Familie und Freunde in der Heimat und tauscht sich mit den hiesigen Tänzern aus. „Wir sprechen oft am Telefon über Choreografien. Die Verbindung ist mir sehr wichtig, und das wird auch in Zukunft so bleiben“, sagt sie.


Zweites Standbein mithilfe von Instagram und TikTok

Zusätzlich zu ihren Engagements als Tänzerin und Choreografin hat sich Tina Rusin mit ihren Social-Media-Kanälen ein zweites Standbein aufgebaut. Auf Instagram folgen ihr inzwischen mehr als 20.000 Menschen, bei der Videoplattform TikTok sind es sogar mehr als 300.000. Dort ist sie mit kurzen Tanzvideos so erfolgreich, dass namhafte Konzerne anfragen, Werbung für sie zu machen. Die 28-Jährige promotet unter anderem neue Songs, in denen sie dazu tanzt, oder macht Werbung für Fitness-Kleidung. Und auch Künstler sind dort schon auf die Bremerhavenerin aufmerksam geworden – sogar eines ihrer großen Idole. So hat die US-amerikanische Hip-Hop- und R&B-Sängerin Ciara vor wenigen Monaten ein Video von Rusin auf ihrer eigenen Seite geteilt. Aufmerksame Zuschauer von Rusins Kanälen werden feststellen, dass die Tänzerin häufig in der Nacht kreativ ist. Wenn alle anderen schlafen, arbeitet sie an ihren Choreografien. "Ich habe dann das Gefühl, dass die Last vom ganzen Tag abfällt und ich mich noch freier bewegen kann", sagt sie.

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