Label/Verlag: Tudor Detailinformationen zur Platte
Das Barockorchester Capriccio und die Zürcher Sängerknabenhaben haben das berühmte 'Stabat Mater' von Pergolesi in historischer Aufführungspraxis neu interpretiert.
Jonah Schenkels klare, glatte Knabenstimme ist prädestiniert für den Stil von Pergolesis 'Stabat Mater', was unter anderem im Duett 'Quis est homo, qui non fleret' besonders zur Geltung kommt. Die Assoziation mit Reinheit, Unschuld und Ehrfurcht passt ideal zur Thematik des Werkes. Die Stimmfarbe des Countertenors Alex Potter ist daneben ein interessanter Kontrast, doch fügt sich auch seine Interpretation gut in das musikalisch eher schlichte Werk. In Duetten ist die Mischung dieser zwei Stimmen etwas gewöhnungsbedürftig, hat aber einen gewissen Reiz.
Vom Knabenchor werden die als Duette gedachten Nummern 'O quam tristis et afflicta', 'Fac ut ardeat cor meum' sowie der wohl bekannteste Teil des Werkes, das eröffnende 'Stabat mater dolorosa', gesungen. Außerdem schließen sie das 'Quis est homo, qui non fleret' und die letzte Nummer, das 'Quando corpus morietur'. Damit gibt es in dieser Interpretation einen Eröffnungs- und einen Schlusschor. Die Wahl, einige Stellen vom Chor singen zu lassen, bringt willkommene Abwechslung. Ein Knabenchor, oft assoziiert mit Engelsstimmen, bietet sich an. Den Zürcher Sängerknaben gelingt unter Alphons von Aarburg durch einen vollen Klang, der bestimmt, aber nicht aufdringlich ist, eine angemessene Interpretation.
Das Barockorchester Capriccio beweist Feingefühl für das musikalische Idiom zeigt eine hervorragende Behandlung von Dynamik und artikulatorischer Differenzierung, wobei ihm die kleine Besetzung von zwei mal zwei Violinen, zwei Bratschen, Cello, Violone, Theorbe und Orgel hilft. Die brillante Schlichtheit des 'Stabat Mater' kann in dieser ausgedünnten Besetzung deutlich besser umgesetzt werden als in opulenteren Deutungen, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts für dieses Werk meist gewählt wurden. Sie schmale Besetzung unterstützt auch Chor und Solisten, die die Möglichkeit haben, ihr Stimmvolumen zurückzunehmen und trotzdem noch durchzukommen.
Neben dem 'Stabat Mater' sind auf der CD zwei Concerti grossi von Giovanni Lorenzo Gregori (op. 2 Nr. 9 und 10). Auch hier zeigt das Orchester Capriccio sein Können im Bereich der Barockmusik. Beide sind in der für das Concerto grosso typischen Satzstruktur langsam-schnell-langsam-schnell geschrieben und ergänzen mit dieser Abwechslung gut das Gesamtprogramm. Das Orchester beweist Vielseitigkeit in der Spielweise; getragene Passagen werden von beschwingt-tänzerischen Rhythmen abgelöst. Sinnvoll ist die Auswahl der Werke deshalb, weil Gregori Zeitgenosse von Pergolesi war.
Nachdem Pergolesi in jungen Jahren erkrankte, zog er in den Kurort Pozzuoli nahe Neapel. Dort schrieb er das 'Stabat Mater' und starb kurz darauf im Alter von nur 26 Jahren. Heute ist dieses Werk eins der populärsten Werke des 18. Jahrhunderts. Es gibt so viele Einspielungen, dass eine weitere erst mal unnötig scheint. Gerade im Bereich der Alten Musik und der historischen Aufführungspraxis hat sich jedoch viel getan in den letzten Jahren. Außerdem ist die Kombination Countertenor und Knabensopran, noch mehr aber die Verwendung des Chores in dieser Deutung des Werks ungewöhnlich, erweist sich jedoch als passend. Somit hat diese beim schweizerischen Label Tudor veröffentlichte Aufnahme durchaus ihre Berechtigung.