Kirsten Schwieger

Journalistin, freie Autorin, Texterin, Hamburg

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Kennt ihr euren Partner? - Wissen schafft Liebe | beziehungsweise

Wer kennt das „lustige" Hochzeitsspiel nicht: Braut und Bräutigam werden getrennt nach Vorlieben und Abneigungen des anderen befragt. Großes Bohei, wenn sie bei Lieblingsfarbe, Schuhgröße und Lactoseintoleranz ins Schwarze treffen. Ob allerdings schon mal eine Feier aufgrund von unzureichende Wissen über den Partner abgebrochen wurde, ist nicht bekannt. Abgesehen davon, dass solch eine Aktion ziemlich krass und die geldgebenden Eltern bestimmt verstimmt wären, ist der Gedanke dahinter allerdings gar nicht so abwegig.

Wissen über den Partner macht den Unterschied

Denn ob eine Liebesbeziehung zukunftsfähig ist, hängt oftmals tatsachlich davon ab, wie viel die Partner übereinander wissen. Wobei keine Beziehung zum Scheitern verurteilt ist, nur weil er nicht weiß, dass sie Bügel-BHs hasst. Oder sie keinen Schimmer hat, dass er früher Mausilausi gerufen wurde. Die ein oder andere Jugendsünde darf zwecks Wahrung der Würde auch tatsächlich zurückgehalten werden.

Den sehnlichsten Wunsch des anderen, seine größte Angst oder auch einfach nur schöne Kindheitserinnerungen oder Vorlieben zu kennen, ist allerdings zielführend in Punkto Beziehungserfolg. So haben zwei internationale Studien unter der Führung des amerikanischen Psychologen Robert Epstein ergeben, dass umfassende Kenntnisse über den Partner und ausgiebige Kommunikation zwei wichtige Garanten für dauerhafte Beziehungen sind. Noch wichtiger als Konfliktlösungskompetenzen, Stressresilienz oder guter Sex.

Reden ist Gold

Praktischerweise gehen diese beiden Beziehungskompetenzen quasi Hand in Hand. Allein schon, weil man sich mit dem Partner ausgiebig austauschen muss, um all die persönlichen Details aus ihm heraus zu kitzeln. In der ersten Verliebtheitseuphorie ist das sowieso selbstverständlich. Schließlich ermöglicht Kommunikation einem Paar, den gleichen Ausgangspunkt zu haben und schafft dabei Nähe und Vertrautheit. Sich dem Partner zu öffnen und ihm gegenüber offen zu sein ist damit auch die Basis gesunder Beziehungen. Sich gegenseitig gut zu kennen und einschätzen zu können, erleichtert wiederum Vertrauen. Und liefert Steilvorlagen für spannende Gespräche.

Neugierde bewahren 

An solch ausgiebiger Kommunikation über persönliche Belange festzuhalten, ist für den Fortbestand der Beziehung dann auch immens wichtig. Nicht nur, weil emotionale Gespräche Intimität erhalten. Sie beugen auch Missverständnissen und Enttäuschungen vor. Diese entstehen nämlich, wenn Paare glauben, den Partner bereits in und auswendig zu kennen und sich nicht mehr über die persönlichen Gedanken und Gefühle austauschen. Deshalb macht es Sinn, die Neugierde der Anfangszeit beizubehalten. Also anstatt „Wie war dein Tag, Schatz?“ den Partner vielleicht besser fragen, was ihn an diesem Tag am meisten beschäftigt oder zum Lachen gebracht hat. 

Landkarte der Liebe 

Um das Gefühl von Nähe und Vertrautheit auf emotionaler Ebene weiter zu entwickeln, muss man den anderen ziemlich gut kennen. Dessen Wünsche, Hoffnungen und Visionen aber auch seine Sorgen und Ängste. Genauso wie Interessen und Geschmack, Vorlieben und Abneigungen – inklusive der kleinen und großen Macken. Und natürlich auch die Geschichte des Partners und seinen Körper. Dieses Wissen vom anderen wird nach Meinung des Beziehungsexperten John Gottman in einer Love Map, einer Art Beziehungslandkarte, im Gehirn abgespeichert. Je detaillierter diese Love Map ist, desto stabiler ist Gottmans Ansicht nach die Beziehung. Den anderen gut zu kennen, ist also das Fundament dauerhafter Verbindungen. 

Stressfreierer Alltag 

Zu wissen, wie der andere tickt, erleichtert auch das Zusammenleben immens. Sofern das Wissen um die Träume, Sehnsüchte und Frustrationen des anderen im Alltag clever eingesetzt wird. Beispielsweise wenn man den Partner nach einer anstrengenden Arbeitswoche mit dem Lieblingsessen verwöhnt, weil man weiß, dass so schöne Kindheitserinnerungen geweckt werden. Oder wenn man nicht auf die Begleitung zum Kommilitonentreffen besteht, weil man weiß, dass es den Partner unendlich anödet. Je harmonischer das Zusammenleben, desto weniger wird die Beziehung durch Streit ausgehöhlt. Außerdem zeugt das Wissen übereinander ja auch von echtem Interesse am Partner. Ebenfalls eine gute Voraussetzung für lebendige Beziehungen. Und ein Zeichen, dass man nicht nur nebeneinander her lebt. 


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