Es war im August 1994 als die Rebellen unseren Hof überfielen." Evelyn Amony starrt vor sich in die sanft geschwungene Ebene trockenen Buschlands, das bis zum Horizont reicht. Die junge Frau blickt in die Ferne. Ihre schwarzen Augen suchen keinen Kontakt. Die Arme hält sie verschränkt vor ihrem kräftigen Leib. Sie atmet tief, versucht sich zusammenzureißen, damit die Erinnerung sie nicht übermannt. Doch dann kann sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Amony steht inmitten des Buschlands von Kalalo, ein paar Hundert Meter entfernt von der Hauptstraße nach Atiak im äußersten Norden Ugandas. Die Grenze zum Südsudan ist keine 40 Kilometer entfernt. Bis 2006 wütete in dieser Region einer der brutalsten Rebellenkriege in der Geschichte Afrikas. Fast zwei Jahrzehnte kämpften die Schwadronen der christlich-fundamentalistischen „Lords Resistance Army" (LRA) gegen die ugandische Armee, forderten eine unabhängige Provinz. Beide Seiten plünderten die Dörfer, brannten sie nieder, töteten die eigenen Leute. Um zu rekrutieren, rissen die Rebellen Kinder von den Schulbänken oder nachts aus den Betten und verschleppten sie in den Busch. Die Jungen drillten sie zu Killern, die imstande waren, ihre eigenen Eltern und Geschwister zu erschlagen. Aus den Mädchen machten sie Träger und Handlanger, die später den Rebellen vor allem als „Ehefrauen" dienten. Viele waren bei ihrer Entführung Kinder. Evelyn Amony war elf Jahre alt.
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