Wuschelhaare, Fluppe im Mund und Max Frisch im Kopf – Julian Pollina alias Faber gleicht einem intellektuellen Klischee. Lieder wie „Bleib dir nicht treu“ klingen bei ihm nicht nach naiven Lebe-dein-Leben-Postkartensprüchen, sondern nach produktivem Exzess, ohne den die derb-poetischen Texte sicher nicht so derb-poetisch wären. Heute hat der 24-Jährige mit der Stimme eines kettenrauchenden Uropas seinen ersten Longplayer „Sei ein Faber im Wind“ veröffentlicht. Bereits auf seinen beiden EPs hat Faber bewiesen, dass er die Mischung aus brachialer Eindringlichkeit, tiefer Euphorie und Geschichtenerzählen beherrscht.
Seine kratzige Stimme bringt jedes Lied zum Poltern: rumpelnd-euphorisch in „Bratislava“, berührend-ernsthaft in „In Paris brennen Autos (und in Zürich mein Kamin)“. Immer mit der leidenschaftlichen Hingabe, die jedem Lied pure Intensität verleiht.
Es geht um alles und nichts. Wenn Faber fast zynisch über europäische Doppelmoral singt („Wer nicht schwimmen kann, der taucht“), verliert man sich auch mal im Sog der Geschichten. Hier tapsen Klaviertöne, da fidelt eine Geige, fast immer dominiert die Posaune. Der Zürcher vereint Balkanmusik mit weichem Folk und Punkattitüde. So laut das eben geht als Akustik-Band. Mal mit kritischem Pathos, mal als heiteres Sauflied – immer zwischen Kant und Kneipe.
Diese Ambivalenz macht ihn so spannend: Faber singt „Kann ich bitte deine Titts sehn?“ genauso wie „Die einen ertrinken im Überfluss, die anderen im Meer“. Seine Texte gehen so ans Ganze, dass sie fast wehtun. Bei seinen Landsleuten stößt Faber mit seinen hochdeutschen Texten noch auf keine großen Sympathien, in Deutschland könnte er nach Wanda das nächste große Ding werden.
Kira von der Brelie
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