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#GayPride Teil I: BEGiNE's Lesben kommen!

Die BEGiNE-Betreiberinnen Barbara (l.) und Manu Hoyer (r.), Foto: Ahima Beerlage

Der weltweite Pride Month Juni begeht mit dem Christopher Street Day im Juli seinen finalen Höhepunkt. kollex feiert auch mit und präsentiert drei gastronomische Porträts aus der LGBTIQ+ Community. Den Anfang macht das Berliner Kulturzentrum und Frauencafé BEGiNE.


Die BEGiNE Copyright Die BEGiNE

Die BEGiNE (Copyright: BEGiNE)


Das Haus in der Potsdamer Straße 139 hat eine bewegte Geschichte: In den frühen 1980er Jahren wurde es nach langjährigem Leerstand von den BEGiNE-Gründerinnen besetzt und 1982 vom Berliner Senat legalisiert. Die Frauen sanierten das Gebäude in ihrer Freizeit, neben ihren regulären Jobs, größtenteils selbst. Dies sei kein einfaches Unterfangen gewesen, denn ein antiquiertes Gesetz verbot es weiblichen Personen zur damaligen Zeit, auf ein Baugerüst zu steigen. Deshalb mussten die Frauen eine Firma dazu beauftragen, die Fassade zu streichen. „Völlig absurd, das Gesetz wurde erst 1989 geändert.“, erinnert sich Mitgründerin und Besetzerin der ersten Stunde, Manu Hoyer. 


BEGiNE: Treffpunkt und Kultur für Frauen

1986 eröffneten einige Besetzerinnen des Hauses die BEGiNE – ein Frauen-Café mit Kultur- und Bildungsangeboten. Das Konzept hat sich bis heute bewährt. „Alle Frauen sind bei uns willkommen“, sagt Barbara Hoyer, BEGiNE-Projektmanagerin. Sie stieg 1990 in das Projekt ein und ist bis heute für die Koordination der Vereinsaktivitäten verantwortlich. Manu Hoyer ist seit der Geburtsstunde ehrenamtliche Konzessionsinhaberin des Cafés. Die beiden arbeiten seit 25 Jahren in der BEGiNE zusammen und haben vor einem Jahr geheiratet.


„Die BEGiNE bietet einen Treffpunkt für Frauen und Kultur mit niedrigschwelligen, ganz unterschiedlichen Veranstaltungs- und Gruppenangeboten“, erklärt Barbara das Konzept des Vereins. Oft seien die Veranstaltungen wie eine Literaturrunde, ein Stammtisch des Schöneberger Lesbennetzwerks oder auch eine Coming-Out-Gruppe von den beteiligten Frauen selbst initiiert oder sogar organisiert. 80 Prozent des Klientels bestehe aus lesbischen Frauen, aber auch bisexuelle und trans Frauen besuchen die BEGiNE regelmäßig. Im Café gibt es kleine Snacks wie Bio-Würstchen, Feta-Käse oder hausgemachten Kuchen und Getränke, wie Bier vom Fass, Bio-Wein, Schnaps sowie eine kleine Cocktail- und Longdrink-Karte. Vor Corona wurden auch Partys gefeiert und Doppelkopfturniere veranstaltet.

Copyright Die BEGiNE

(Copyright: BEGiNE)


Turbulente Zeiten in der BEGiNE

Zwischen 1997 und 2004 pausierten Barbara und Manu jedoch ihre Arbeit in der BEGiNE: Grund für den vorübergehenden Ausstieg aus dem Projekt war eine umfassende Umstrukturierung: „Die Landschaft der Berliner Frauenprojekte hatte eine große Kürzungswelle getroffen. Viele Frauenprojekte, wie auch die BEGiNE, wurden von der Politik komplett aus der Förderung rausgestrichen.“ Mit sehr viel Lobbyarbeit sei es den Beteiligten jedoch gelungen, nicht die komplette Förderung zu verlieren: „Dadurch haben uns nur 50 Prozent der Kürzungen getroffen“, sagt Barbara. Trotzdem musste ein neues Konzept her. 

Das bisherige Team übergab das Steuer der BEGiNE in die Hände anderer Frauen. In dieser Zeit sei die Kneipe ein vom Verein losgelöstes privatwirtschaftliches Unternehmen geworden und wurde als à-la-carte-Restaurant geführt. Sieben Jahre später kamen Manu und Barbara nach einem längeren Aufenthalt außerhalb Berlins zurück in die Stadt. Sie stiegen wieder in die BEGiNE, in der die Umstrukturierung wenig erfolgreich war, ein und führten das alte Konzept fort.


Stonewall Inn brachte die Gay Pride Bewegung ins Rollen 

Ähnlich wie das Frauenprojekt BEGiNE hat auch der Christopher Street Day eine bewegte Geschichte durchlaufen: Was heute als alljährliche Demonstration und Parade für Toleranz, Diversität und die Rechte der LGBTIQ+ Community in Städten auf der ganzen Welt zelebriert wird, fand seine Anfänge im Jahr 1969 in New York City. In der Christopher Street befand sich damals das Stonewall Inn – eine Gay-Bar, in der am 28. Juni 1969 Polizeibeamte eine gewaltsame Razzia durchführten. Die betroffenen Gäste wehrten sich gegen die Polizeigewalt und gaben den Anstoß für eine Serie von Unruhen. Dieses Ereignis wird von der LGBTIQ+ Community als Wendepunkt in ihrem Kampf für Gleichbehandlung und Anerkennung gesehen. Was damals als hochpolitischer Aufstand begann, wird heutzutage alljährlich im Pride Month Juni und mit dem Christopher Street Day (CSD) im Juli gefeiert – mit friedlichem Demonstrations- und Party-Charakter.

Party statt Politik?

Barbara und Manu von der BEGiNE finden jedoch, dass die politische Botschaft des CSD durch seinen Party-Charakter mehr und mehr untergeht. Manu hat die Veranstaltung in früheren Tagen sogar mitorganisiert: Damals sei sie noch eine Laufdemonstration mit einzelnen Lautsprecherwagen und vielen politischen Transparenten gewesen, erinnert sie sich. In den 1990ern waren die BEGiNE-Macherinnen auf der CSD Parade regelmäßig mit einer Pritsche unterwegs. In den Zeiten der Umstrukturierung habe die damalige Leiterin sogar einen großen Lesben-Truck organisiert, der ein paar Jahre hintereinander zum Einsatz gekommen war. 

Viele Jahre danach, als die BEGiNE-Frauen schon gar nicht mehr bei dem Zug mitliefen, sondern schlicht Flyer verteilten, sei Barbara von einem Mann sexistisch und altersdiskriminierend angegangen worden – auf dem CSD, der eigentlich für Diversität und Toleranz steht. „Ab diesem Punkt war dann für mich Schluss mit dem CSD“, bedauert Barbara. Problematisch finden Manu und Barbara Hoyer die Dominanz von Männern auf der Veranstaltung. „Als die Geschichte des CSD ihren Ursprung mit den Aufständen im Stonewall Inn im Jahr 1969 fand, waren auch viele lesbische Frauen dabei. Das wissen aber heute die wenigsten“, vermutet Barbara. Mittlerweile laufen die Frauen nicht mehr auf der Parade mit.

Die Lesben kommen auf dem Dyke March Berlin Copyright Die BEGiNE

“Die Lesben kommen” auf dem Dyke March Berlin (Copyright: Die BEGiNE)

„Die Lesben kommen“

Doch ganz raus halten sie sich aus dem bunten Gay-Pride-Treiben nicht: „Wir laufen jetzt alljährlich beim Dyke* March Berlin mit. Das ist eine Lauf-Demo für lesbische Sichtbarkeit“, erklärt Barbara. Das große Banner mit der Aufschrift „Die Lesben kommen“, das schon am Lesben-Truck hing, kündigt die BEGiNE-Frauen außerdem am Bug eines Schiffs auf dem „CSD auf der Spree“ an – eine Gay-Pride-Bootsparade, die dieses Jahr am 23. September stattfindet. Seit zehn Jahren tuckern sie alljährlich dort entlang – mit einem von zwei Frauenschiffen.

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