Wolf Haas hat endlich einen neuen Brenner-Roman geschrieben. Zum Auftakt der Lesetour liest der Autor im ausverkauften Frankfurter Mousonturm.
„Brennerova" heißt das neue Haas-Buch mit dem markanten Cover: einer geballten, tätowierten Faust („praktischerweise besteht mein Name aus Four-Letter-Words"). So spielen auch abgehackte, wahlweise russisch oder griechisch tätowierte Hände eine bedeutende Rolle im neuesten Brenner.
„Brennerova", so vermutet Simon Brenner, inzwischen „Kriminalpolizist i.R.", hieße dann wohl die russische Gattin in spe, die er sich im Internet ganz unverbindlich ausgeguckt hat. Von der Partnerinnensuche führt es den Brenner in die Arme seiner wie verwandelten Ex Herta und schließlich doch nach Russland, zu Nadeshda - er hat es wirklich versucht, aber er konnte nicht widerstehen. Aus der Begegnung, wie könnte es anders sein, entspinnt sich schließlich doch noch eine Kriminalgeschichte und den Brenner verschlägt es zu detektivischen Aktivitäten ins Rotlichtmilieu von (ausgerechnet!) Wien. Ein Untergrundphilosoph, der Tätowierer Infra und ein Haufen von vor Klischees nur so triefenden Chirurgen geben das skurrile Personal in Brennerova, wie immer kommentiert vom charakteristischen allwissenden Erzähler („ja was glaubst denn du").
Als Haas-Neuling muss man sich erst mal an Tempo und Stil seiner Lesungen gewöhnen: Weit nach vorne gebeugt betet der Brenner-Schöpfer mit einer unglaublichen Ausdauer, ohne einen einzigen Schluck Wasser und scheinbar ohne Luft zu holen, seine Zeilen lakonisch herunter.
Im Publikum, das merkt man gleich, befinden sich viele eingefleischte Brenner-Fans, die sich verbrüdernde Blicke zuwerfen, sobald einer der typisch haasischen Ausdrücke und Satzkonstruktionen fällt. Sie scheinen jedoch im neuesten Werk ein wenig spärlicher gesät. Aber zum Glück ist da ja noch der alle Erwartungen erfüllende Inhalt: gewohnt bizarre Begebenheiten und komisch-brutalen Abgründe unterhalten von der ersten bis zur letzten Minute.
Wolf Haas, so erzählt er es zumindest, sprach einst in München, damals in Österreich schon sehr bekannt, vor sieben Menschen. Am Ende der Lesung scheint er ernsthaft dankbar, dass ihn das Publikum im Frankfurter Mousonturm zum Auftakt seiner Deutschland-Lesereise nicht hängen ließ. Mit diesem Auftakt kann er wohl endgültig beruhigt sein: Den Literaturhäusern ist Wolf Haas (rein platzmäßig) auch in Deutschland längst entwachsen.
Es gehört schon einiges dazu, nach einer Brenner-Lesung bzw. -Lektüre nicht in den typischen Haas-Sprech zu verfallen. Und das ist ja wohl ein guter Erfolgsindikator.