Jetzt ist es passiert. Das Schlimmstvorstellbare ist eingetreten. Das, wovor ich mich seit Jahren fürchte. Das, was ich vor lauter Furcht verdrängt habe. Ich bin mit den Nerven am Ende, ich schlafe schlecht, träume noch schlechter, bin verzweifelt, suche den Dialog. Und weil ich mit euch ja alles teile (#Gesprächstherapie), wende ich mich freilich mit diesem meinem persönlichen Horror auch vertrauensvoll an euch. Es ist da. Mein Jade-Gate! Soll heißen: Mein Haus- und Hof-Lippenstift ist über Nacht aus dem Sortiment genommen worden! Gänzlich unvorbereitet wurde ich mit dieser Schreckensnachricht konfrontiert. Die fünf aus weisem Vorrat gekauften Rotstifte waren urplötzlich verbraucht – mir schleierhaft, wie sowas in nicht mal sechs Monaten passieren kann.
Ging ich also zum Gesichtseinfärbungszubehöreinzelhandelsunternehmen meines Vertrauens und fand: nichts. Suchte. Wurde nervös. Suchte weiter. Schwitzte leicht. Fand seltsames anderes. Wandte mich an die Gesichtsbemalungszubehörfachangestellte. Erfuhr: aus. Vorbei. Nie wieder! Das, rief ich mit an Panik grenzender Empörung aus, sei vollkommen unverantwortlich! Verboten gehöre sich das! Man könne keinesfalls gestatten, dass ein Unternehmen in silbrig-glänzender Heiligkeit eine Armee an Suchtkranken heranziehe, um diese zu einem nach eigenen Gutdünken gewählten Zeitpunkt auf kalten Entzug zu setzen! Das ist, als würde der Therapeut bei Nacht und Nebel unbekannt verziehen! Oder schlimmer: der Frisör! Am darauffolgenden Abend alpträumte ich. Von Geheimvorräten, von Diebstahl, von Hamsterkäufen. Am darauffolgenden Tag fieberträumte ich. Von Geschäftsführerbriefen, von Online-Petitionen, von Hungerstreik.
Doch es wird
nichts helfen, eine sanftrotglänzende Ära geht zu Ende, und ich kann nichts
dagegen tun, dass Menschen beschlossen haben, Frauen hätten künftig ihre Lippen
mit mattem Lack zu versiegeln, den sie dann mit glitzerndem Fusselirgendwas
bestreichen und sich 24 Stunden darauf vorbereiten sollen, das Zeug mit
Wurzelbürste und Scheuermilch wieder aus dem Gesicht zu entfernen, andernfalls
eine lebenslange Jokerfratze würdevoll durch die Welt zu tragen. Auf den Boden
werfen, mit den Fäustchen trommeln und meinen Schmerz in die Welt hinausweinen
möchte ich erst recht, wenn ich darüber nachdenken, dass solch perfider Plan
wohl weniger von einem ignoranten Männermenschen geschmiedet worden sein kann
als vielmehr von einem durchtriebenen Weibsstück, das ganz genau weiß, was sie
da tut, die hinterfotzige Pharisäerin!
Ich wutschnaube mich uncoloriert ins
Wochenende: „Rollerdisco“ (Parks, Stadtpark), „Phil & Chil“ (Hirsch,
Vogelweiherstraße), „Happy Halloween Rock Party“ (Mississippi Queen,
Donaustraße), „80s/90s Halloween Special“ (T90, Flughafen), „Nasty“ (Z-Bau,
Frankenstraße), „2 Jahre Kukuvaja“ (KK, Königstraße), „Breakworx“ (Nano, ebd.),
„Feuer frei!“ (Cult, Dooser Straße), „2 Jahre Bada Bing“ (Stereo, Klaragasse),
„Pink Indabahn“ (Bahnhofsplatz), „Schallfarben“ (Desi, Brückenstraße) und
„Abrakadabra“ (Rakete, Vogelweiherstraße) und am Samstag – nix. Ätsch! Auf in
die entbehrungsreiche Zeit der allseits geliebten Stillen Feiertage. Gehet hin
und vor allem in euch und bereuet eure Sünden und leidet. Wie ich.