Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Kolumne

Die Partykolumne - Ikeakatastrophen

Es gibt da ein Phänomen, das mich zuverlässig dazu bringt, mich auf den Boden zu werfen und in die Auslegeware zu beißen. Diese Auslegeware befindet nur leider zu dem Zeitpunkt bereits in meinem Besitz. Und dann ist es zu spät. Zweimal im Jahr ziehe ich Lockruf des Möbelhauses mit den vier gelben Buchstaben aus dem Briefkasten, denke mir: Return of the Evil! und verstaue die Ausgeburt des Bösen direkt ganz unten im Papiermüll. Weil ich keinen Kamin habe, um’s zu verbrennen. Doch alle Jubeljahre packt es mich. Ich wache auf und weiß: Neues Geschirr. Jetzt! Dann ziehe ich los, voller Tatendrang und festem Vorsatz: Reingehen, holen, rausgehen. Aus dem Traumszenario wird ein Alptraum, wenn ich vor den Regalen stehe und überrascht feststelle, dass selbst im Einrichtungsschlaraffenland die günstigen Dinge hässlich und die schönen teuer sind. 

Ich rechne und gucke und erkenne, dass es vielleicht doch nicht sein muss, einen Monatslohn aufzuwenden, nur weil ich geträumt habe, dass mein Geschirr zerbricht. Und dann setzt es ein, das Böse, der Diabolus, dieses serviettengewordenen Gezücht der Hölle. Fehler Nummer 1: Zu Beginn direkt einen Einkaufswagen geholt. Wegen Geschirr. Den dann nicht umgehend zurückgeschoben. Weil in diesem Geschäft irgendein Hormon verströmt wird, das Menschen zu Zombies werden lässt, die nicht anders können als: Ach ja, du wolltest doch schon dauernd für da und da einen neuen Teppich! Ui guck, das Kissen, das du schon ewig anschaust, ist endlich reduziert, da nimmst du doch gleich zwei! Und ey super, eine Reibe mit Auffangschale, und die ist auch noch verschließbar! Ich finde kein Ordnungsfach für den Schreibtisch, dafür aber einen neuen Mülleimer für die Küche, weil der alte, also nein wirklich!, schelte mich durch die Lampen, rette mich mit Ach und Weh vor der Bettwäsche und den Pflanzen, kämpfe mich unter Selbstgesprächen durch die Kerzen, weil es wird ja Herbst und Winter und da gibt’s doch nichts schöneres, und dann kauf ich Duftkerzen, dabei hasse ich Duftkerzen, aber das Kauf-Hormon legt neben Willen auch die Riechorgane lahm, und dann … sagt die nette Frau an der Kasse einen Preis, zu dem ich auch die dreifache Menge an Geschirr hätte erwerben können. 

Oder zumindest einen Vorhang, den man sich sinnvoll zur Abendgarderobe umnähen kann. Kommt spätestens am Freitag als Cape bei „Prinzessinnen & Superhelden“ in der Bar77 (Luitpoldstraße) gut. Nicht so gut vielleicht nebenan bei „Lui loves Hip Hop“. Mehr um Musik als um Garderobe geht’s bei den „Unknown Pleasures“ im Stereo (Klaragasse), was man mit Fug und Recht auch von „Querbeat“ in der KK (Königstraße) behaupten kann, nicht jedoch von der Indabahn (Bahnhofsplatz), die „1 Jahr Just Jack“ feiert, oder den „Girls on Top“ im 360° (Adlerstraße). Explizit um (Vintage-)Verkleidung wird tags darauf bei „Chili’s Swinging Beats & Sweets“ im Opera (Ostermayerpassage) gebeten, was genau der Dresscode „Kir Royale“ bedeutet, könnt ihr euch im Terminal (Flughafenstraße) anschauen oder lasst das einfach ganz und geht zu „Tune In“ in die Desi (Brückenstraße) oder in die MUZ (Fürtherstraße): Da steht die „Muckibude“ an und ihr bei zu spätem Erscheinen lange vor der Tür. Dabei könnte man sich allerdings auch in den neuen Teppich wickeln. Zum wärmen.