Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Kulturzentrum "Space Between": Wie ein paar Kreative einem alten Bahnkiosk Leben einhauchen

Haben viel vor: Nora Wolf (links) und Antares Igel vom neuen Kulturzentrum „Space Between – Möglichkeitsraum Steinbühl“.© Foto: Katharina Wasmeier

Während die offizielle Nürnberger Kultur unter Standort- und Sanierungsdebatten ächzt, hat eine Gruppe junger Künstlerinnen und Künstler bei den Bahngleisen in Steinbühl ein neues Kulturzentrum gegründet. Mit viel Ideen für die Praxis.


„SB“ ist eine ziemlich gute Abkürzung. Sie kann stehen für „Selbstbedienung“ oder „Stahlbeton“, für „S-Bahn“ oder „Steinbühl“. Oder irgendwas dazwischen. Der neue Kulturort „Space Between“ ist all das gleichzeitig. Und noch viel mehr: ein echter Möglichkeitsraum.

Oben knattern Presslufthammer, draußen Motorräder und Züge über Gleise und Pflaster. Das ist auch gut so, sagt Antares Igel, denn da draußen, da passiert was, ist alles urban und im Umbruch und in Bewegung. Und passt deswegen ausgezeichnet zu dem neuen Drinnen – in dem ebenfalls ziemlich lang nicht viel zu erleben war: Als einhundert Quadratmeter Fläche, als Kiosk auf Bahngelände konzipiert, sich selbst überlassen – und jetzt einer Truppe kreativer Köpfe, die voller Ideen sind und Energie. Und „an einem ungenutzten Ort einen kulturellen Knotenpunkt schaffen“, wie es im Konzept heißt. Viele Seiten schlaue Worte, in denen es um Strukturwandel geht und interdisziplinäre Kulturorte, um Kommunikationsraum und Identität, um Anziehungspunkte, Kontaktförderung und Verbindung. Die Mitglieder des Teams von „SB – Möglichkeitsraum Steinbühl“ haben viel vor, aber auch schon viel geschafft: Philipp Eyrich, Lena Endres, Jasna Kajevic und Benedikt Buchmüller sind Künstler, Architekten, Umweltwissenschaftler, sind in Kontexten von Kulturhauptstädla, Bluepingu oder N.ORT aktiv oder veranstalten wie Christian Laub, Nina Schreyer und Antares Igel als Kulturinitiative seit 2018 das Musikfestival „It Isn’t Happening“. „Mit SB“, so Antares Igel, „haben wir endlich einen Ort gefunden, um unsere Visionen zu verwirklichen.“ Für Ausstellungen und Performances, für die kreative Erforschung des Raumes und seiner Umgebung. Für Tanz und Musik – für alles. Für Nürnberg und den Stadtteil, der so schüchtern liegt zwischen kulturell gesättigter Alt- und stiefmütterlich behandelter Südstadt. Deshalb, so Igel, solle der neue Raum, der in den vergangenen Monaten mit enormer Energie und Willen, in Eigenregie und Handarbeit vom Un- zum Möglichkeitsort verwandelt worden ist, nicht nur geographischer, sondern vor allem auch sozialer Knotenpunkt werden – mit einer Sichtbarkeit nach außen. Das gelingt, wie praktisch, dank deckenhoher, wandbreiter Schaufenster, die das, was da drin passiert, automatisch draußen stattfinden lässt, inmitten der Passanten und Pendler, der Autos, Radler, Strabofahrer. Die einladen zum Naseplattdrücken und „Hereinspaziert!“ rufen. Auch und grade jetzt schon, denn zwar ist drin noch sehr viel Baustelle mit unverlegten Kabeln und Sanitär nur aninstalliert, doch sie wollen zeigen, dass bald mehr passiert. Preview auf den geplanten Start im März, quasi, ein Soft-Opening noch bis Ende des Jahres, bei dem verschiedene Künstler in drei Kapiteln schonmal gucken, was so gehen kann – und „den Leuten was zutrauen“, sagt Kuratorin Nora Wolf von galaxieoffgalerie, die Kunst an ungewöhnlichen Orten zeigt. Ein QR-Code am Fenster ist der Beginn von mehr, eine Aufforderung zum Neugierigsein und Draufeinlassen. „Wir wollen’s jetzt richtig machen“, sagt Antares Igel, der mit stetem Willenstropfen den Ämterstein ausgehöhlt und Zustimmung, Fördergelder „und damit einen großen Vertrauensvorschuss“ erhalten hat. „Wir brauchen“, sagt Antares Igel, „einen Symbolort, der interdisziplinäre Formate fördert, der als Resonanzraum funktioniert und auf gesellschaftliche Prozesse funktionieren kann.“ Kein „anstatt Kulturläden“, sondern ein „zusätzlich“, offen für Zeitgeist und Modernität, an dem man bunt sein kann und ja, auch krachend laut und „die Stadt gestalten, die wir lieben.“ Ein „kulturelles Irritationsmoment“, das liebend gern kooperieren will mit Jugendhäusern oder -treffs, Platz gewähren und Information und den Kunstfunken zünden. „Wenn da nur eine einzige Person ist, die du mitnehmen kannst“, sagt Nora Wolf, „dann ist das schon supertoll.“ SB ist offen für alle Konzepte, „lieber nicht für eine Zielgruppe mundgerecht vorbereitet, sondern die Leute fordern, ihnen was anbieten zum ausprobieren“, sagt Nora Wolf. Die Herausforderung der Kooperative liege darin, den „guten Weg zwischen Edginess und Zugänglichkeit zu finden.“ 


Soft Opening „SB – Space Between“ Pt. 2 bis 30.11., Pt. 3 4.-26.12. (Vernissage 4.12., 16 Uhr); Steinbühler Tunnel 1, Nbg,.instagram.com/sb.spacebetween

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