Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Glosse

Die Partykolumne - Zuckerauge

Ich steh kurz vorm Wahnsinn. Weil: Mein linkes Auge zuckt. Seit grob geschätzt 17 Monaten, das kann einen schon mal aufregen. Warum das so ist, weiß ich nicht. Vermutlich weil ich so gestresst bin (Regieanweisung: Legt sich Handrücken auf Stirn und blickt dramatisch gen Himmel). Jetzt könnte man meinen, dass mein Hauptärgernis ist, dass mein Blickfeld permanent in Stroboskopblitze getaucht ist. Stimmt, ist doof, aber daran gewöhnt man sich. Auch daran, dass ich ständig befürchte, völlig unbeabsichtigt auf offener Straße wildfremden Menschen aufreizend zuzuzwinkern. Freuen die sich ja drüber. Also, im besten Fall. Hoffe ich. Nein nein, es ist so: Ich meine, gelernt zu haben, dass Muskeln durch Beanspruchung wachsen. Deswegen gehen Menschen doch ins Fitnessstudio, damit sie dann als Stiernacken durchs Freibad hatschen können, die Arme weit vom Körper gespreizt, als hätten sie grade ein zweistündiges Training nach Jacobson absolviert. 

Wenn jetzt also, so meine kluge Schlussfolgerung, der Augenmuskel einer unablässigen Kontraktion unterliegt, dann muss der sich doch ergo unablässig trainieren. Und da setzt meine Angst ein: Was, wenn ich in Bälde unterm linken Auge eine nie wieder abklingende Schwellung tragen werde? Wie sieht das denn aus? Muss ich mir dann, weil offensiver statt defensiver Umgang und so, einen schwarzen Balken unters Auge malen und fürderhin als Katharina „Left Eye“ durchs Leben gehen? Oder mir, wegen Symmetrie, allmorgendlich mit Spezialtheaterschminke rechts auch einen Batzen hinzimmern, jeden Morgen? Ich hatte diese Zuckerei auch schon mal für lang am Bein und auch am Arm, und irgendwann hatte auch ein Daumen ein solches Eigenleben entwickelt, das war auch ganz schwierig. Damals kam mir dann noch ein ganz anderer Gedanke: Was können wir nicht alle froh sein, dass letztlich der gute Darwins Charly mit seiner Evolutionstheorie rechtbehalten hat und nicht sein Vorgänger Lamarck. 

Der hat ja nämlich gemeint, dass der Körper (Daumen) sich an die Anforderungen der Umwelt anpasst (häufiger Gebrauch) und das dann so weitervererbt wird. Um mal beim Daumen zu bleiben: Das würde bedeuten, dass diese Jugend von heute die Daumen-Muskulatur bei all der Smartphone-Benutzung übermäßig ausbildet und dann von Generation zu Generation immer größere Daumenmuskeln hervorträten. MUAHAHA! Wie das ausschaut! Popeye, aber an den Händen! Großartig! So aber machen ganz darwinistisch diejenigen das Rennen, die halt qua Tipp-Affinität die meisten sozialen Kontakte knüpfen und aufrechterhalten können, also theoretisch. Besteht doch noch Hoffnung, zumindest ästhetische. Was das jetzt mit meinem Auge zu tun hat, weiß ich übrigens auch nicht. Bin wohl doch irgendwie einigermaßen beeinträchtigt. Zucke mich also unauffällig zum Wochenende. 

Also: Abgesehen davon, dass wir Freitag (und Samstag) alle unter der (Theodor-Heuss-)Brücke beim dazugehörigen Festival wohnen (Afterpartys in der Desi, Brückenstraße), sehe ich persönlich mich am besten aufgehoben bei „T.I.C.S.“ (Mitte, Hallplatz) … „Tonkonzum“ (KKK, Königstraße), „Turn it up“ (Indabahn, Bahnhofsplatz), „Wir feiern“ (Club77, Luitpoldstraße), „Lui we tone“ (King Lui, ebd.); „Go Gitarre Go!“ (Stereo, Klaragasse) gibt’s auch nochmal am Samstag, dazu (ab mittags) „Sommerliebe“ (Stadionbad), „Art of Noise Festival“ (Hirsch & Rakete, Vogelweiherstraße), „Ü3“ (Löwensaal, Schmausenbuckstraße), „Soulnight“ (Künstlerhaus, Königstraße), „Summertime“ (Mach1, Kaiserstraße), „Die Macht der Nacht“ (Cult, Dooser Straße). Mir ist das eigentlich alles wurscht, Hauptsache, es gibt ein Stroboskop. Vielleicht wirkt sich das klärend auf mein Blickfeld aus. Wegen Minus mal Minus gibt Plus. Oder so. Hm …