Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Taffe Frauen auf vier Rollen: Sucker Punch Roller Derby

Auf los geht’s los geht’s zur Sache: Rempeln, schubsen, taktieren und vor allem schnell sein heißt es, sobald der Schiedsrichter die Spiele der Ladys von „Sucker Punch Roller Derby“ freigibt. Was hier aber vielleicht auf den ersten Blick wie kopfloses Gedrängel wirken mag, folgt in Wahrheit einem komplizierten Regelwerk. Das muss man erst mal beherrschen. Denn der hitzige Rollensport bedarf neben Kraft vor allem eines: Köpfchen.

Jasmin Wantschke, Barbara Röttges, Nicole Leibold und Tanja Heid können ein Lied davon singen. Seitdem sich die Gruppe „Sucker Punch Roller Derby“ gegründet hat, sind sie die taffen Frauen am Start. Dreimal die Woche wird trainiert, jeweils zwei bis drei Stunden. Das macht zwar Mordsspaß, folgt aber freilich einem höheren Ziel: Ligaspiele bestreiten und, im besten Fall, gewinnen. In der dritten Bundesliga befinden sich derzeit zwei von fünf bayerischen Mannschaften, die sich dem Sport verschrieben haben, der hierzulande zu Unrecht ein Nischendasein führt. „In den USA, dem Ursprungsland des Roller Derbys“, erklärt Tanja Heid etwas zur Entstehungsgeschichte aus der amerikanischen Frauenbewegung, „gibt es so viele Vereine, dass die Mädels sich schwer tun mit der Entscheidung, welchem sie sich anschließen.“ Hier hat man es schwer, Mitspielerinnen zu finden. Und Hallen, in denen trainiert werden kann. Wen wundert’s, braucht es doch fürs Derby eine ziemlich große Fläche, auf der das ovale Spielfeld abgesteckt werden kann. Deswegen, sagt Tanja Heid, haben sie damals als kleine Gruppe auf Feldern und Plätzen begonnen, bei schlechtem Wetter auch schon mal im Parkhaus. Heute, fünf Jahre später, haben die Rollergirls eine Heimat beim DJK Eibach gefunden – und 15 aktive Spielerinnen. Die braucht es auch: Es wird zwar nur fünf gegen fünf gespielt, aufgrund des hohen Tempos und des Körpereinsatzes allerdings häufig gewechselt. Mit Aggression und Verletzungen hat das alles aber nichts zu tun. Dafür sorgen zum einen das 70 Seiten dicke Regelwerk, über dessen Einhaltung zwanzig Schiedsrichter mit und ohne Rollen pro 60 Minuten dauerndem Spiel mit Argusaugen wachen, zum anderen die großzügige Versorgung mit Körperschonern und Helmen. „Wenn etwas passiert“, verrät Nicole Leibold, „dann weil man sich nach dem Spiel den Zeh in der Umkleide anhaut.“ Sie sind eine eingeschworene Truppe. Krankenschwester, Traumapädagogin, Zahnarzthelferin und Apothekerin, zwischen Anfang 20 und Ende 30. Ganz normale Frauen mit Kindern und Berufen, die im Leben wie auf dem Spielfeld einiges drauf haben. Nur, dass sie auf dem Spielfeld „Bloody Terry“ heißen oder „Babsi Boing Boing“, „Nicinator“ oder „Kali Chaos“, dass sie mit Zahlen gerufen werden statt mit. Sexy Girls auf Rollschuhen, die im Kreis fahren und sich schubsen? Sollte man lieber nicht zu laut sagen. Könnte sein, dass man eines Besseren belehrt wird. Wenn man, Weiblein oder Männlein, den Mumm hat, selbst mal mitzumachen. „Wenn sich beim Fußball manchmal die Männer weinend auf dem Boden wälzen, muss ich lachen“, verrät Jasmin Wantschke. Was nicht heißen soll, dass Männer nicht erwünscht sind. Jeder darf – nein: soll kommen, mittrainieren im besten Fall dabei bleiben. Alt, jung, fit, untrainiert, Transgender oder Straight spielt keine Rolle, denn zum einen, sagen die Roller Girls, definieren sie sich über Toleranz, Offenheit und Diversity. Zum anderen „finden wir für jeden eine Position“, sei’s als „Blocker“, sei’s als „Jammer“, sei’s als Helfer, Cheerleader, Fan oder, immer schwer gefragt, Schiedsrichter. Was das Spielen selbst angeht, empfiehlt Barbara Röttges grade Frauen, statt Nestverkriechen oder Selbsthilfekurs mal auf ein Probetraining vorbeizukommen. „Frauen stark machen boomt ja“, weiß die 35-jährige Traumapädagogin, „Roller Derby bringt dir bei, wie viel Kraft zu eigentlich hast.“ Das Spiel aus Hinhalten und Blocken „überträgt sich auf die Psyche, man traut sich mehr zu und wird stärker.“ Wer Lust hat, mal hineinzuschnuppern, darf das jederzeit gerne tun. Verleihequipment gibt’s zu Hauf, Frischlingstraining immer freitags. Oder aber die eher seltene Gelegenheit nutzen, gleich zwei Bundesligaspiele in nächster Zeit zu besuchen: am 16.6. geht’s daheim gegen die „Rollergirls of the Apocalypse“ aus Kaiserslautern, am 30.6. gegen „Rolling Rat Pack Regensburg“. Traut euch!


Sucker Punch Roller Derby, Spiele am 16.& 30.6., Sporthalle Röthenbach Ost, San-Carlos-Straße4, Nbg, Anpfiff um 16 Uhr; Infos unter rollerderby-nuernberg.de, Kontakt für Schnuppertraining Freshmeat@rollerderby-nuernberg.de