Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Glosse

Die Partykolumne - Freibadstress

Ich bin fix und fertig. Entspannter Tag am See? Im Freibad? Dass ich nicht lache. Contradictio in adiecto, meine Lieben. Um das bewerkstelligen zu können, bedarf es eines logistischen Dauerbetriebs, der der Organisation einer mittelgroßen Hochzeit, ach was sag ich: eines Festivals alle Ehre macht! Was man da alles beachten, organisieren, vorausdenken muss, Möglichkeiten abwägen, Zeiten einteilen und Abläufe! Es beginnt bereits am Vortag. Wenn man da nicht so klug ist, daran zu denken, mindestens eine Flasche Wasser ins Gefrierfach zu legen, hat man vor Ort nach fünf Minuten nämlich warme Suppe. Nichts gegen ayurvedisch, aber erfrischend geht anders. Dann gilt es, eine Tasche zu packen, die jedem Biwak standhielte. Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit hat man hinterher trotzdem zwei Hefte Kreuzworträtsel, aber keinen Kulli, drei Schüsseln Melonenschnitzen und Salat, aber keine Gabel, und statt der Sonnencreme LSF 20 die Après-Lotion eingepackt, weswegen man das benachbarte Gelage um Hilfe ersuchen und sich dann mit der blickdichten LSF 50-Penaten aus der Wickeltasche zufriedengeben muss. 

Ist man angekommen und hat sich entweder mit sich selbst oder der Gruppe (und ich weiß nicht, was schlimmer ist) mit sextantischem Augenmaß darauf verständigt, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Wanderung von Sonne und Schatten über den Lauf des Tages hinweg zu erwarten ist (um garantiert falsch zu liegen!) und entsprechend großflächig sämtliches Utensil auf einer Fläche von 30m² verteilt, könnte man meinen, es kehre Ruhe ein. Weit gefehlt, denn nun beginnt der Orga-Stress erst richtig! Und zwar damit, in den folgenden Stunden die Tagespunkte Sonne, Schatten, Toilette, Wasser, Eincremen in die richtige Reihenfolge zu bringen. Wenn man das dritte Mal den frisch aufgetragenen Sonnenschutz direkt in den Pool getragen hat, um aus diesem sofort wieder rauszuspringen, weil einem einfällt, was man zuvor dringend noch tun wollte (Toilette!), um das dann mit triefnasser Klamotte nachzuholen, kommt man langsam, aber sicher dahinter, wie das alles zu gehen hat.

Die optimale Reihenfolge (ab Lager-Aufschlagung): Entblättern. Eincremen! Sonnen. Schwitzen. Trinken. Lesen (in Gruppe: Ratschen). Trinken! Toilette. Wasser (in Abstimmung mit Gruppe). Sonne. Trinken!! Trocknen. Eincremen!! Trinken!! Schatten. Lesen. Sonne. Trinken!!! Toilette. … So kann man so einen Tag prima herumbekommen, ohne sich auch nur eine Minute nicht bewegt zu haben, weil sich das ganze Dilemma potenziert, wenn man mit mehreren Menschen anwesend ist und allsämtliche Tagesordnungspunkte auf zehn weitere Befindlichkeiten abstimmen muss. 

Wir verlagern unseren Aktivismus also flugs wieder in die Nacht, da wissen wir nämlich, wo’s langgeht: Neben dem Afrika-Festival ruft die FH zur „Designer’s Night“ (Wassertorstraße), außerdem „Muttermilch“ (Mach1, Kaiserstraße), „Sissy Bass“ (Zentralcafé, Königstraße), „Querbeat“ (KKK, ebd.), „Slave to Wave“ (Resi’s, Klingenhofstraße), „Wicked Game“ (Stereo, Klaragasse), „3 Jahre Ensemble“ (Mitte, Hallplatz) und „Plattenparty“ (Parks, Stadtpark). Und dann sehr viel Samstag: „MUZ Sommerfest“( Fürther Straße), „Nürnberg.Pop Open“ (Desi, Brückenstraße), „Apnea Open Air“ (Mississippi Queen, Donaustraße), „Funky Summer“ (Gärtla, Beuthener Straße), „Kiss Klub“ (Rakete, Vogelweiher Straße), „Disco Classics“ (Terminal, Flughafenstraße), „Ü30“ (Löwensaal, Schmausenbuck), „Mittelalter-Spektakel“ (Cult, Dooser Straße), „Buckshot“ (Stereo) und und und. In Anbetracht der Tatsache, dass die Hälfte der genannten bereits am Nachmittag beginnt, stellt sich jetzt allerdings schon die Frage, ob das wirklich logistische Vorteile mit sich bringt. Ach, wisst ihr was? Macht einfach! Sich treiben lassen ist eh am schönsten. Auch außerhalb eines Gewässers.