Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Die Perle am Oberen Markt

Der „Obere Markt“ in Heroldsberg liest sich wie ein buntes Ensemble an altertümlichen Schönheiten: neben der Wehrkirche gibt es hier über der Stadt thronend ein Grünes Schloss, ein Gelbes und ein Rotes. Das schlösserne Quartett, die sogenannten „vier Geuderschlösser“, werden seit Kurzem wieder vervollständigt von einem gar nicht so farbigen, aber nicht minder prächtigem Gebäude: Das „Weiße Schloss“ hat nach 15 Jahre langem Leerstand nicht nur eine neue Bestimmung bekommen, sondern auch eine Rundumerneuerung. Jetzt strahlt das Schloss, das Ende des 15. Jahrhunderts gebaut wurde, in neuem Glanz – und mit ihm die Besucher.

„Absolut gelungen!“ findet Heinrich Heid die Neuversion des Bauwerkes, das teils in alter Substanz, teils modern aufgewertet wurde. Über den zeitgenössischen Anbau könne man sich zwar streiten, so der ehemalige Heroldsberger Bürgermeister und Ehrenbürger der Stadt, doch alles in allem handle es sich um ein „herrliches Ensemble“. Sicher ist: „Ich werde oft herkommen und meinen Freunden und Bekannten eine Führung geben.“ Lange, erzählt Eberhard Breunel-Geuder, 1. Vorsitzender der Kulturfreunde Heroldsberg e. V., habe man überlegt, was im Zuge einer Neukonzeption passieren solle. Da man ein reines Museum für unpassend hielt, kam die Kooperation mit dem Musikinstitut grade recht. So findet sich jetzt am Kirchenweg nicht nur ein Museum, das einerseits historische Ortskunde mit Dürer, Richtschwert und Brautbecher betreibt, andererseits als Kunstausstellungsraum dient, sondern auch die Möglichkeit für Musikunterricht, viele Veranstaltungen verschiedenster Natur sowie ein „Trauzimmer“ fürs Ja-Wort in barockrotgold-romantischem Ambiente. Eine multifunktionale Nutzung, die allen Kultur- und Schlossfreunden Glücksgefühle bereitet. Über zwei Jahre schließlich hat allein die Sanierung des Schlosses, das bis in die 1920er Jahre hinein 90 Jahre als Rathaus der Stadt Heroldsberg gedient hatte, allein gedauert. „Wie eine Perle strahlt das Weiße Schloss am Oberen Markt“, schwärmt Breunel-Geuder, der selbst ein Nachfahre der einstigen Ortsherren von Heroldsberg, der Patrizierfamilie Geuder in 23. Generation ist. Nicht ganz so weit, aber doch weit genug reicht die Verbindung von Günter Klossek zurück: 1950 wurde er hier getauft, ist tief verwurzelt im Ort und findet „das Ergebnis einfach fantastisch“, und freut sich, dass das Schloss „trotz der politisch kontroversen Diskussion“ erhalten werden konnte. Jahrelang konnten sich SPD und CSU nicht einigen, doch „heute haben alle was davon – und die Freude ist groß.“ Auch bei Bürgermeister Johannes Schalwig. Die Sanierung sei ihm ein großes Anliegen gewesen, und „jetzt bin ich glücklich.“ Nicht zuletzt darüber, dass in der Vier-Schlösser-Gemeinde wenigstens einer der Prachtbauten nicht in Privatbesitz, sondern öffentlich zugänglich ist. Der Neubau, findet Schalwig, müsse sich unterscheiden, denn „man muss sehen, dass etwas neu ist hier.“ Das sieht man auch an der neuangelegten Parkanlage um das Schloss herum, das sieht man auch innen im nach modernsten Gesichtspunkten sanierten Innenraum auf drei Stockwerken, wo auf elegante Art alte und neue Substanz verschmelzen: hier die jahrhundertealten Holzbanken, dort der blitzende Edelstahlaufzug für den barrierefreien Zugang. Und überall: die Kunst. „Die Ausstellung ist mit so viel Liebe zum Detail und so viel Sachverstand kuratiert“, weiß Dr. Bettina Keller, Kunsthistorikerin und ehrenamtliche Kreisheimatspflegerin. „Es ist schön, dass diese Schätze endlich aus dem Verborgenen rausgehen und auf Höhe der Zeit inszeniert werden konnten.“ Gemeint ist hiermit das Werken und Wirken Fritz Giebels, eines der bedeutendsten fränkischen Künstler des 20. Jahrhunderts. Der Professor für Malerei und Grafik an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg war deren erster Direktor nach dem zweiten Weltkrieg und lebte lange in Heroldsberg. Das Oeuvre umfasst Stillleben, Akt- und Landschaftsdarstellungen, die häufig surreale Anklänge haben und findet sich jetzt im ersten Obergeschoss des Weißen Schlosses, während das zweite das Wirken der Patrizierfamilie Geuder thematisiert.

Offizielle Eröffnung des Weißen Schlosses am 25. + 26. März; reguläre Öffnungszeiten: Mittwoch 10-13 Uhr, Freitag bis Sonntag 15-18 Uhr, Sonderöffnung auf Anfrage; www.kulturfreunde-heroldsberg.de