Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Nürnberg.Pop 2016

Am letzten Samstag im Oktober ist es wieder so weit: Nürnberg, mit Verlaub, poppt. Wenngleich das nur begrenzt richtig ist. Denn es blasmusikt und experimentalwavet, posthardcoret und hiphopt mindestens genau so viel. Die große Grätsche bei Süddeutschlands größtem Musik- und Showcasefestival zeigt, dass „Nürnberg.Pop“ zwar ein Name ist, der aber über viele Facetten verfügt.

Zum sechsten Mal wird die südliche Nürnberger Altstadt für eine Nacht kurzerhand in eine große musikalische Flaniermeile verwandelt. „Flanieren“, das ist durchaus wörtlich zu nehmen, wie die Veranstalter David Lodhi, Thomas Wurm und Thomas Eckert betonen: „Wir haben das Bestreben, Musik an Plätzen stattfinden zu lassen, wo sie sonst nicht zu finden ist.“ Und „finden“ ist das Stichwort, verteilen sich doch rund 50 Bands und Musiker auf gut 20 Orte. Kirche, Klub und Kneipe, aber auch Platten- und Klamottenläden, Hotels undMuseenkeller. Da heißt es: überraschen lassen, flexibel sein, auf Entdeckungstour gehen und staunend Schätze finden. Ein „Flanierfestival“ will Nürnberg.Pop sein, das in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal als „Best Indoor Festival“ für den „European Festival Award“ nominiert ist und dessen „Charme ausmacht, zwischen 20 Locations herumzuziehen, ein Bierchen zu trinken und Musik zu erleben“, wie Thomas Wurm sagt. Dass die Spielstätten, auf denen sich die Highlights aller Genres tummeln, wieder kompakter liegen, habe sich zufällig so ergeben. Nicht aber, dass der Termin mit dem 29.10. wieder zurück an bewährter Stelle liegt und somit fröhlich bar jeder Konkurrenz. Dass das aufgrund der zu erwartenden Temperaturen auf Kosten der erst letztes Jahr erschlossenen Freiluftbühne am Klarissenplatz geht – ein Bauernopfer. Die Liste der vertretenen Acts ist so klangvoll wie lang; eine Spotify-Playlist leistet Orientierungshilfe. Die 80er-Renaissance von „Drangsal“, die Wortverschaukler von „Von Wegen Lisbeth“ und – eine Ehre, wie die Veranstalter betonen – die interimsmäßige Wiedervereinigung von „The Robocop Kraus“ gelten als Highlights, während die australischen Vokalharmoniker „Parcels“ und die sphärische „Josin“ aus Berlin als Geheimtipp gehandelt werden. Knapp die Hälfte der Konzerte wird von der Nürnberger Bandszene bestritten, die sich „auf Entdecker freuen“ und zeigen wollen, dass die bayerische Szene viel zu bieten hat. Neben dem altbewährten Hinweis, dass ein Ticket keine Garantie auf ein bestimmtes Konzert mit sich bringt, gibt es in diesem Jahr viel Neues, nämlich die „Umsetzung der Idee, dass Popkultur nicht nur Musik sein kann, sondern auch Museum, Shoppen oder Kino“, wie David Lodhi erklärt. Voilá: die „Kunstwoche“. Beginnend mit dem 24.10. bekommen Festivalbändchenbesitzer eine Woche lang unzählige Vergünstigungen quer durch die ganze Stadt. Ob Restaurant, Kabarett oder die Teilnahme bei der besonderen Kooperation mit den „Aufseßigen“, den jungen Freunden des GNM, die Kunst musikalisch gestalten – der „crosskulturelle Gedanke“ treibt bunte Blüten, schlägt sich in einem echt dicken Angebot nieder und macht massig Spaß. Die Kunst findet nicht nur vor, sondern auch in der Festnacht statt: Hannah Rabenstein designt im GMN ein Auto, in der Weinerei zeigen David Häuser und Claudia Holzinger mit „Life is Live“ eine fotografische Liebeserklärung an die Nacht. Und noch eine Neuerung: Erstmalig wird es ein Tagesprogramm geben. Nämlich Gratisshows ab 14 Uhr, bei denen Bands, die später am Abend mit allen Finessen auftreten, Akustikkonzerte geben, sowie anlässlich des fünften Jubiläums des Kultimbisses „WurstDurst“ ein OpenAir am frühen Abend. War’s das? Nein. Es gibt immer noch etwas zu entdecken. Also auf in die Nacht!

Nürnberg.Pop, 29. Oktober, 14.30 bis 5 Uhr (Kulturwoche ab 24.10.), Tickets an allen bekannten Vorverkaufsstellen und unter www.nuernberg-pop.de (VVK nutzen!)