Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

1 Abo und 4 Abonnenten
Rezension

Live: Revolverheld "Unplugged in 3 Akten"

Dass Revolverheld mehr sind als der chartsprengende Bundesvision Song Contest Gewinner „Lass uns gehen“ aus dem Jahr 2014 konnten die vier Hamburger Sunnyboys freilich locker unter Beweis stellen. Warum aber MTV sie im selben Jahr zum „Best German Live Act“ kürte und direkt darauf mit der einem Ritterschlag gleichenden „Unplugged Tour“ unters Volk jagte, irgendwie nicht. Das mag aber vielleicht dem Umstand geschuldet sein, dass die Witzeleien und Anekdoten der Sympathie- und Blousonträger in der Akustik der Arena weitestgehend geschluckt wurden, als sei die Halle von Eierkartons gefüllt statt vielen Menschen – die sich allerdings ähnlich euphorisch verhielten. Dabei gab’s eigentlich mehr Grund zum „Immer in Bewegung“ bleiben als wohlwollend mit dem Kopf zu nicken. Revolverheld beginnen auf ihrer Tour „Unplugged in drei Akten“ inmitten der Halle, wandern mengenbadend hin zum Spielort, auf dem sie kreisförmig Publikumsnähe demonstrieren, zu jedem Stück ein neues Saiteninstrument bemühen, bis dann von Mandoline über Banjo bis hin zur E-Zither alles oben gewesen sein dürfte. Die Stücke eingängig bis simpel, wenig überraschend, zum sich-Wiederfinden-für-Jedermann, Frontjohannes Strate charismatisch bis zur Schmerzgrenze, ist alles überraschend angenehm zu hören und macht den ersten Akt optisch wie akustisch zu einer runden Unplugged-Sache. Anders dann der zweite: Neugewandet und die Stammusikanten um diverse weitere erweitert, gibt’s große Worte, Momente und Gefühle, Gästin Marta Jandová (Die-Happy-Frontfrau und mutmaßlich Ina-Müller-Double mit sowohl größtem Unterhaltungswert als auch Stimmvolumen) und Gast Julian Le Play (Austria-Poisel aus dem Vorprogramm) auf der großen Bühne, auf der sich ein Bühnenbildner mit schwierigem Hang zu dramatischem Kitsch an der Hintergrundillustration austoben darf. Auch die schönsten Strandsonnenuntergänge stumpfen sich nach zwei Stunden gewissermaßen ab, man sehnt sich etwas weniger farbenfrohes herbei. Eine asphaltierte Straße beispielsweise.  Revolverheld schäkern untereinander, schwelgen in Erinnerungen an den einen Gig damals im Hirsch, der großen Eindruck hinterlassen haben muss, scheint er doch im Vergleich zur imposanten Arena eher einem Putzraum zu gleichen, ergehen sich in freundschaftlichem (?) Mark-Foster-Diss, und warum der dritte Akt dann der dritte Akt ist, erschließt sich dem geneigten Außenstehenden nicht so richtig, wenn man von Streichern, Bläsern, Blockflötensolo und dem Gefühl absieht, es handle sich hierbei um den Balladen-Akt. Als erst elfte deutsche Gruppierung wurde den Norddeutschen Jungs die Ehre der 1989 gestarteten Konzertreihe zuteil, in der sie nun zwischen den Fantastischen Vier, Herbert Grönemeyer, Nirvana und Bob Dylan Platz in der Ehrenhalle nehmen. Wenn nicht durch alles andere, so rechtfertigt das mindestens die beanspruchte Zeit: Dank der zahlreichen Pläuschen zwischendurch dauert die Gesamteinlage locker über zwei Stunden. Ausgezeichnet!