Katharina Wasmeier

Freie Journalistin, Autorin, Lektorin, Nürnberg

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Piratenpartei demonstriert in Nürnberg für Edward Snowden

"Asyl für Snowden!" forderte die Piratenpartei am Wochenende in der Nürnberger Fußgängerzone. Der ehemalige US-Geheimdienst-Mitarbeiter hält sich derzeit in Moskau auf.

„Wir protestieren gegen permanente globale Überwachung und Gesetzeswidrigkeiten außerhalb jeglichen Rechtsstaates“, sagt Emanuel Kotzian vom Bezirksverband Mittelfranken der Piraten. Edward Snowden sei nur das Sahnehäubchen obendrauf, „ein dramatischer Held“.

Ihm verweigere Deutschland das Asyl, obgleich er nichts anderes getan habe, als die Wahrheit zu sagen. „Snowden hat bisher in 21 Ländern Asyl beantragt. Wir erklären unseren Kindern Tag für Tag, dass sie ehrlich sein sollen. Snowden hat sich an diesen Grundsatz gehalten.“ Gut 100 Menschen haben sich versammelt, um den fünf Rednern, darunter Bruno Kamm, bayerischer Bundestagsspitzenkandidat der Piraten, zu lauschen und anschließend durch die Innenstadt zu ziehen.

Auf den mitgebrachten Schildern und Bannern ist ein lederbehoster US-Staatspräsident Obama zu sehen, der ein fröhliches „O’zapft is’!“ ausruft sowie eine stilisierte Mauer mit den Worten „Niemand hat die Absicht, einen Überwachungsstaat zu...“ in Anspielung auf den Mauerbau der ehemaligen DDR.

Die Europäische Union, so Kotzian, sei womöglich der einzige demokratische Staatenverbund, in dem der sogenannte Whistleblower halbwegs sicher wäre. Bei der Demonstration, die man kurz nach dem beginnenden Wirbel um Snowden beschlossen hatte, wolle man „aus Nürnberg, der Stadt der Menschenrechte, ein Zeichen setzen: Ich möchte mein Privatrecht.“ Man könne sich nicht daran erinnern, wann „zuletzt so viele diplomatische Drähte durchgeglüht sind“.

CSU-Politiker Ingo Friedrich bezeichnete die Piratenpartei als „Datenstaubsauger“ und bekommt viel Beifall. Nach und nach bleiben Passanten stehen, die den Reden aufmerksam zuhören.


„Wie verändert sich, was du schreibst, wenn du weißt, dass alles mitgelesen wird?“, fragt Bruno Kamm von der Lkw-Ladefläche ins Publikum hinab, „wie sicher sind deine Ideen, wie frei fühlst du dich? Die Gedanken sind nicht frei, die Gedanken liegen wieder in Ketten.“

Thematisiert wurde damit Prism, „eine heimliche US-Version der kürzlich von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Bestandsdatenauskunft (BDA) sowie der geplanten europäischen Vorratsdatenspeicherung“. Prism gehe sogar darüber hinaus und greife über die der NSA heimlich gewährten Schnittstellen auch gespeicherte Kommunikationsinhalte wie E-Mails, Chats, Videos und sonstige übertragene Dateien ab. Diese Datensammlung ungeahnter Größenordnung hat Snowden öffentlich gemacht.

Kotzian betonte, er spüre ein „starkes Unbehagen unter den Bürgern hinsichtlich der Stabilität der Demokratie“ und wisse, „dass das, was wir machen, gut gefunden wird“. Die jüngsten Entwicklungen bezeichnete er als „datentechnisches Fukushima für die Piraten“. Bei manchen Zuhörern scheint das Unbehagen längst überschritten. Petra und Alex sind zwar extra zur Kundgebung gekommen, haben aber keine Meinung und keine Einschätzung. „Wir wollen jetzt gerade lieber überhaupt nichts sagen.“

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