Eigentlich sollte es um Milchkühe gehen. Vielleicht nicht das spannendste Thema für Teenager. Doch an diesem Tag kleben die Augen der rund 30 Schüler und Schülerinnen nicht auf den Smartphones, sondern auf einer Mitschülerin. Sie erzählt, dass ihre Mutter zuhause am Hof überlastet ist. Die Arbeit mit den Kühen mache sie krank. Damit war der Damm gebrochen. „Plötzlich ist es aus den Schülern nur so herausgesprudelt", erinnert sich Gernot Ratschiller.
Er ist Mitte 50, Landwirt im Nebenerwerb und Lehrer für Nutztierhaltung, Pflanzen- und Gartenbau an einer landwirtschaftlichen Schule in Kärnten. Sonst eher schweigsam, schilderten seine Schüler an diesem Nachmittag vor etwa einem Jahr alle möglichen familiären Geschichten. „Da war auf einmal ein großes Redebedürfnis da."
Bauern und Depression - Ratschiller kennt das Thema aus eigener Erfahrung. 2007 ging er das erste Mal zum Hausarzt. Er fühlte sich traurig, aussichtslos. Der Arzt verschrieb ihm Antidepressiva und eine Therapie. „Arbeitet man zu viel und bekommt so Beziehungsprobleme und ein Burnout? Oder gibt es Probleme und man vergräbt sich deswegen in seine Arbeit?", fragt er sich heute. Ging es ihm besonders schlecht, suchte er Zuflucht bei seinen Tieren. Oft sagte er sich: Es wird schon wieder Juli werden. Also Zeit, die Schafe auf die Alm zu treiben. „Das ist für mich ein Rückzugsort." Aber auch einer, an dem er die Kontakte zu anderen Leuten einschränken konnte.