Katharina Finke

Journalistin & Sachbuch-Autorin

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Quilten: Das perfekte Souvenir

Wer in New York auf der Suche nach einem ganz besonderen Souvenir ist, sollte einfach selbst die Nähnadel schwingen. In Do-it-yourself-Kursen lernt man, ein Quilt zu nähen.

Mitten in Manhattan, in Chelsea, zwischen Broadway und Penn Station, liegt The City Quilter. Durch die großen Fenster sieht man schon eine bunte Ansammlung von Stoffen, mehr als 4000 werden hier verkauft: batik oder handgefärbt, japanische ebenso wie New Yorker Muster. Ein Paradies für jeden Nähbegeisterten - und für alle, die wissen möchten, wie etwas typisch amerikanisches entsteht: das Quilt.

Über 150 verschiedene Klassen für Anfänger, Fortgeschrittene und Profis bietet The City Quilter, der seit fast 15 Jahren die Adresse weltweit für Liebhaber der vielseitig verwendbaren Steppdecken ist, an. In Tageskursen oder meist über mehrere Wochen verteilten Einheiten kann man hier verschiedene Techniken für Hand- und Maschinenquilten lernen. Dazu werden Nähkurse angeboten, in denen man lernt seine eigenen Puppen- oder Handtaschen zu machen.

Heute sind vier Damen gekommen, um einen Quilt zu machen. Mitbringen muss man nichts, aber Nähmaschinenkenntnisse sollte man haben. Entsprechend wird auch gestartet: Die Kursleiterin Judy Doenias, die selbst schon so viele Quilts gemacht hat, dass sie aufgehört hat zu zählen, weist jedem eine Nähmaschine im Werkraum zu und gibt eine kurzen Einblick in die Historie des Quilten. "Es stammt aus dem alten Orient", sagt sie zum Erstaunen einiger Teilnehmerinnen, "in den USA hat sich das Quilten erst zu einer Tradition entwickelt, nachdem die Europäer es hierhergebracht haben." Dann erklärt sie, was für verschiedene Quilttechniken es gibt und dass der heutige Kurs die absolute Basisvariante ist. Mehr Wissen lässt sich an einem Tag kaum vermitteln.

Stoffquadrate aussuchen, Nähmaschinen rattern

Judy schickt die Teilnehmerinnen erstmal in den Laden, damit sie sich dort die vorgefertigten Materialen aussuchen können. Da es nur Frauen sind, fallen die Entscheidungen für die richtigen Muster besonders schwer. Caroll wird als erste fündig, sie wählt bunte Stoffquadrate mit dominierenden Blautönen. "Ich mache eine Decke für meine Tochter", sagt die Rentnerin. Genau wie die junge Mutter Pamela, die allerdings etwas schlichtere Streifen in rosa und grau auswählt. Ähnliche Farbtöne wählt auch die arbeitslose Peggy. Die Touristin Ann entscheidet sich für das New Yorker U-Bahn-Netz.

Zurück im Werkraum breiten alle die Stoffquadrate vor sich aus und stecken sie nach Anweisungen von Judy mit Sicherheitsnadeln zusammen. Am Ende soll es die Schauseite der Decke ergeben. "Ich liebe es andere zu inspirieren und ihnen zu zeigen, wie kreativ sie sein können", sagt Judy, die schon seit über 20 Jahren anderen das Quilten beibringt. Während die Nähmaschinen rattern, läuft sie herum, gibt Tipps und fädelt herausgesprungene Fäden wieder ein. "Die Lehrer hier sind sehr leidenschaftlich und professionell", sagt Caroll, "und ihre Anweisungen sehr hilfreich." Dabei ist die Atmosphäre sehr entspannt. "Es ist schön, dass sich hier jeder wohl fühlen kann", sagt Pamela, "egal auf was für einen Level man ist."

Zum Quilten braucht man vor allem eins: Zeit

Als alle den wichtigsten Teil des Quilts fertig haben, belohnt sie Judy mit einer kurzen Pause, in der sie sich über ihre unterschiedlichen Quilterfahrungen unterhalten. Die meiste hat Caroll, die das Quilten schon mit sechs Jahren von ihrer Mutter gelernt hat. Pamela ist Textildesignerin und beschäftigt sich schon ihr Leben lang mit Kunsthandwerk. Vor zwei Jahren hat sie dann ihren ersten Quilt gemacht. Für Peggy ist es heute das zweite Mal, dass sie sich eine Decke näht und für Ann ist es Premiere. Auch wenn die Teilnehmerinnen sehr unterschiedlichen Quilterfahrungen haben, eins verbindet sie: alle haben Zeit. "Die braucht man auch zum Quilten", sagt Judy, "deswegen gehen die Klassen eigentlich auch über mehrere Wochen."

Nach der Pause geht es dann ans sogenannte "Padding". Dafür wird meist Wolle, Synthetik oder Seide verwendet, um den Quilt zu verstärken, wie Judy erklärt. Man legt es zwischen die zusammengenähten Stoffmuster und eine schwarze Stoffrückseite und fixiert alles wieder mit Sicherheitsnadeln. Dann werden die Maschinen auf "BSR" umgestellt. Das steht für Bernina Stitch Regulator, ein Programm, das die Stoffbewegung registriert, die Geschwindigkeit automatisch der Nadel anpasst und ein gleichmäßiges Nähen ermöglicht. "Normalerweise braucht man dafür sehr lange Übung", sagt Judy, "vor allem per Hand". Doch wenn man die Maschine für sich arbeiten lässt, muss man selbst gar nicht viel machen außer aufzupassen, dass die Lagen nicht verrutschen. Dann ist der Quilt auch schon fertig. "Heute war es sehr einfach", sagt Pamela, "aber trotzdem ein guter Kurs Erfahrung." Auch Caroll ist glücklich: "Es macht mir so viel Spaß, immer wieder neu Farben und Stoffe zu kombinieren", sagt sie. Beide, wollen ebenso wie Peggy, weitere Kurse ausprobieren. Auf Ann, deren erster Quilt es heute war, wirkt es ein bisschen wie Malen nach Zahlen. Sie weiß nun, dass sie zum richtigen Erlernen der Techniken, das nächste Mal wohl mehr Zeit mitbringen muss. Doch eins nimmt sie definitiv aus diesem Kurs mit nach Hause: das perfekte Souvenir.

Sie wollen Quilten mal selbst ausprobieren? Hier finden Sie eine Anleitung zum Selbermachen von einem Kissen mit traditioneller Quilt-Technik.

INFOS:

Quilt- und Kunsthandwerkskurse bei The City Quilter: Über 150 Kurse von Eintageskursen bis Multisessions, besonders empfehlenswert: Basic Patchwork & Quilting by Hand. Preis: 25 - 165 US-Dollar. Information und Anmeldung auf der Website von The City Quilter oder über Facebook. The City Quilter, 133 West 48th Street, New York, NY 10001, Tel: (001) 212-807-0390, www.cityquilter.com

Neben Quilten gibt es aber noch andere zahlreiche Do-it-yourself-Kurse in New York, z.B. Delikatessenseminare bei Murray's Cheese. Von Bier über Wein bis hin zu Käseseminaren, besonders empfehlenswert: Mozarella-Making-Klasse; 60 - 100 US-Dollar. Information und Anmeldung der Website von Murray's Cheese oder über Facebook. Murrays Cheese, 254 Bleecker Street, New York, NY 10014, Tel: (001) 212-243-3289, www.murrayscheese.com

Designklassen bei Make Workshop:

Von Kleidung, wie Schuhe und Unterwäsche über Schmuck bis hin zu Seife, besonders empfehlenswert: Panty-Making-Class; Preis: 60 - 240 US-Dollar.

Information und Anmeldung auf der Website von Make Workshop. Make Workshop, 195 Chrystie Street # 402, New York, NY 10002, Tel: (001) 212-533-9995, www.makeworkshop.com

Artikel erschienen: Oktober 2012

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