Barcelona-Sessel, Mies van der Rohe und Lilly Reich (1929)
Geschwungene schlanke Stahlbeine, ein Rücken- und ein Sitzkissen: 1929 präsentierte der Deutsche Pavillon auf der Weltausstellung in Barcelona einen Sitzsessel, den Mies van der Rohe und Lilly Reich ursprünglich für das spanische Königshaus entworfen hatten. Die sollten es besonders bequem haben, derweil sie die Eröffnungszeremonie der Weltausstellung überblickten. Heute ist der Barcelona-Sessel einer der unangefochtenen Klassiker des modernen Möbeldesigns. Seine unkomplizierte Art hat dem Barcelona Chair, wie er heute international eigentlich nur noch genannt wird, aber auch einen zweifelhaften Ruf beschert: Das Wall Street Journal bescheinigte der Stuhl-Ikone 2014 in einem Artikel, zu einem „Unternehmensklischee“ verkommen zu sein. Und der ewige Dandy Tom Wolfe machte sich schon 1981 über den Stuhlklassiker sowie dessen Anhimmelung lustig. Wo immer ein junger Architekt und seine Frau etwas auf sich hielten, so Wolfe, kratzten sie ihr Geld zusammen, um sich zu einem absurd hohen Preis den göttlichen Barcelona-Sessel ins Haus zu holen.
String, Nisse Strinning (1949)
Wie begehrt eine Designidee ist, lässt sich vielleicht am besten daran ablesen, wie teuer sich neben den Originalen auch die Replikate, Fälschungen und großzügige Interpretationen verkaufen. Das String-Regalsystem, das in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag feierte, liefert hierfür ein gutes Beispiel: Wo auch immer man einige Regalbretter mit Metallleiter zum Einhängen findet, liegt der Preis ein bisschen über dem, was man sonst qua Material und Größe für ein solches Möbel bezahlen würde. Das Original String-Regal entwickelte Nisse Strinning. Schon während seines Studiums entwarf der schwedische Architekt und Designer ein Abtropfgestell fürs Geschirr, das er aus plastikummantelten Metalldrähten formte. Die bildeten später auch die Basis fürs String-Regal: Die Idee zu einem zeitgemäßen Bücherregal reichten Strinning und seine Frau bei einem nationalen Wettbewerb ein und gewannen damit aus dem Stand weg. Simpel und funktional, leicht montierbar, vielseitig einsetz- und individuell kombinierbar – mit diesen Attributen überzeugt das Regalsystem seit 1949.
Valentine, Ettore Sottsass für Olivetti (1969)
Der italienische Büromaschinenhersteller hat früh in gutes Design investiert. Allein über die mechanischen Schreibmaschinen der „Lettera“-Serie mit ihren unterschiedlichen Versionen ließe sich leicht eine ganze Seite verfassen. Bereits 1952 widmete das New Yorker Museum of Modern Art dem Unternehmen mit „Olivetti: Design in Industry“ eine eigene Ausstellung, etliche Modelle sind heute in der Dauersammlung der MoMa katalogisiert. Das bis heute wohl auch in der Breite bekannteste Produkt aus dem Hause hat dabei nur wenig mit dem typisch gedeckten Olivetti-Farbspektrum zwischen Schlammgrau, Braungrün oder Petrol zu tun: Es ist die „Valentine“, eine knallrote und lackglänzende Schreibmaschine, die der spätere Memphis-Gründer Ettore Sottsass zusammen mit Briton Perry King fürs Unternehmen gestaltete. Mit seiner abgerundeten Rechteckform, dem geprägten Schriftzug und dem farblich passenden Case traf dieses Modell den Nerv seiner Zeit – „Valentine“ wurde zum Synonym für Sottsass und umgekehrt. Dabei war der bekanntlich gar nicht so besonders glücklich mit dem Resultat: Ihm schwebte ursprünglich eine sehr viel billigere, trashigere Variante mit Plastik statt Metall vor.
Uten.Silo Wandhalter, Dorothée Becker für Vitra (1969)
Das Uten.Silo von Dorothée Becker ist ein Designklassiker, der dezidiert ein winziges bisschen Chaos voraussetzt – und dieses dann höchst stilisiert zur Schau stellt. Stifte, Bücher, Scheren, Löffel, Schlüssel, Reiseführer oder Sonnenbrillen finden Platz in den aufgesetzten, kreuz und quer mal rund, mal eckig geformten Boxen. Glücklich, wer so wenig Krempel hat, dass er allein in diesem formschönen Ding Platz findet! Man kann den Wandhalter als Sammelstelle für alles Mögliche einsetzen oder gezielt thematisch bestücken. Und auch im Kinderzimmer findet das Uten.Silo bei stilbewussten Eltern ihren Platz. Vielleicht ist es deshalb ein bis heute so begehrenswertes Objekt: Für Sofa und anderes kann man schon einmal einen höheren dreistelligen Betrag auf den Tisch legen. Für ein Aufbewahrungsmöbel? Das fällt schon stark in die Kategorie Luxus, den man sich leisten kann und will. Dazu diese Farben und der Lack – kurzum, das Uten.Silo ist schon ein wirklich richtig gutes Fetischobjekt. Und wohl nicht zufällig im selben Jahr herausgebracht worden wie einst Olivettis Valentine.
Stokke Kniestuhl, Hans Christian Mengshoel (1979)
Weniger spektakulär als die großen Stuhl-Designklassiker, hat auch dieses Modell seinen Platz unter der Jubilaren redlich verdient: Als Ende der 70er Jahre der Kniestuhl des norwegischen Herstellers Stokke auf den Markt kam, mauserte er sich sehr bald zum Lieblingsstuhl einer ganzen Generation an Schreibtischarbeitenden. Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Hervorragend gestaltet war der „Stokke“, wie er unter der Hand oft genannt wurde, aber zweifelsohne: Die ungewöhnliche Haltung mit den Knien voran ermöglicht langes, rückenfreundliches Arbeiten am Schreibtisch, und das schaukelstuhlähnliche Holzgestell reagiert sanft auf jede Bewegung. Und wenn man ihn mit aktuellen Beispielen rückenfreundlicher Bürostühle vergleicht, dann gewinnt der Stokke auch in puncto Ästhetik wieder hinzu – im Angesicht der schwarz-grauen Funktionsmonster zu oft horrenden Preisen wirkt dieser Stuhl doch eigentlich auch optisch wie eine gute Wahl. Zum 40-jährigen Jubiläum bietet der heutige Hersteller Variér den Kniestuhl zudem auch in monochromer Design-Edition.
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