BuzzFeed News hat die Betreiber der Facebook-Seiten kontaktiert, aber bisher keine Antwort erhalten.
Die meisten professionellen Journalisten halten sich zurück, wenn es um die Nationalität mutmaßlicher Täter geht. Sie schreiben diese zum Beispiel oft nicht in die Überschrift. Damit folgen sie dem Pressekodex des deutschen Presserates.Dort steht unter Ziffer 12: „ In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte. "
Das bedeutet: Wenn die Nationalität wirklich etwas mit der Tat zu tun hat, dann können Journalisten die Herkunft der mutmaßlichen Täter nennen. Wenn die Nationalität nicht direkt mit der Tat zusammenhängt, dann eher nicht. Denn immer gilt: Vorsicht vor der Diskriminierung von Minderheiten.
Nach den Berichten über die Übergriffe in der Kölner Silvesternacht 2016 wurde darüber diskutiert, ob diese Richtlinie des Presserates noch zeitgemäß ist. Sollte man nicht einfach immer die Herkunft eines Verdächtigen nennen? Dürfen Journalisten ihrem Publikum Informationen vorenthalten?Hier auf Übermedien ist die Diskussion zusammengefasst. Dort steht auch, warum Ziffer 12 des Pressekodex wichtig ist:
"Die große Zahl von Flüchtlingen schafft eine besondere Situation in Deutschland. Sie fordert in besonderem Maße eine verantwortungsvolle Berichterstattung: Die auf Missstände und Probleme hinweist, die damit zusammenhängen, dass so viele Fremde ins Land kommen. Die aber auch ihren Beitrag dazu leistet, keine falschen Zusammenhänge zu suggerieren zwischen Herkunft und Kriminalität, keine Stereotype fördert. (...) Seriöse Medien entscheiden sich auch sonst bewusst dafür, Dinge nicht zu veröffentlichen, obwohl man sie im Internet findet. (...) Medien wählen aus und lassen weg, was irrelevant ist, was die Öffentlichkeit nichts angeht, was ethischen Ansprüchen widerspricht." Der Deutsche Presserat sieht sich nicht in der Verantwortung für private Facebook-Seiten.Auf schriftliche Anfrage von BuzzFeed News antwortet der Deutsche Presserat:
"Wir halten Veränderung von Zeitungs-Originalartikeln für problematisch, aber dies fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Freiwilligen Selbstkontrolle der Presse. Der Presserat ist lediglich zuständig für die journalistischen Beiträge auf den Facebook-Seiten der Verlage und Telemedien."BuzzFeed News hat die in diesem Artikel erwähnten Zeitungen mit den Beispielen konfrontiert und gefragt, warum sie die Nationalität im Text aber nicht in der Überschrift genannt haben.
Wie wichtig diese Auswahl durch Journalisten ist, wird deutlich, wenn man das Ganze von der anderen Seite betrachtet.Was wäre, wenn Journalisten immer alle verfügbaren Informationen zur Herkunft der beteiligten Personen recherchieren würde. Die Seite Bildblog hat das in diesem Artikel durchgespielt und ist bei einer fiktiven Polizeimeldung zu folgendem Ergebnis gekommen: