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Braun ist das neue Grün

"Es hat mich gewundert, wie viele Gäste kein Wasser wollen", sagt Megan Solinger. Sie ist Managerin im mexikanischen Restaurant Nopalito in San Francisco. Seit einer Woche dürfen ihre Kellner die Gäste nicht mehr fragen, ob sie das in den USA übliche Gratis-Wasser möchten - die Gäste müssen selbst danach fragen. Diese Regel gilt in ganz Kalifornien, seitdem Gouverneur Edmund Brown angesichts der historischen Dürre den Notstand ausgerufen und alle Gemeinden dazu verdonnert hat, 25 Prozent Wasser zu sparen.

"Wenn nur ein einzelner Gast am Tisch Wasser möchte, machen wir die Karaffen nicht mehr ganz voll. Auch beim Nachgießen halten wir uns zurück", erklärt Solinger. Seitdem die neue Regel gilt, schenken die Kellner im Nopalito 30 Prozent weniger Wasser aus. Bleibt etwas übrig, wässern sie die Pflanzen auf der Terrasse und im Innenhof damit. "Die meisten Gäste sind Kalifornier, die dafür Verständnis haben", sagt die Managerin. Sie hatte aber auch schon Kundschaft von der Ostküste, die verärgert darüber war, dass ihnen kein Wasser angeboten wurde. "Die waren sehr überrascht von den neuen Vorschriften."

Es ist das erste Mal, dass der Staat Kalifornien derart drastische Maßnahmen zum Wassersparen verordnet. Seit vier Jahren in Folge regnet es zu wenig. Die Schneeschmelze in diesem Frühjahr hat weniger Wasser gebracht als je zuvor, der Grundwasserspiegel sinkt immer weiter. Ein Ende der Trockenheit ist nicht in Sicht. Gouverneur Brown droht mit Strafen von bis zu 500 Dollar pro Tag für alle, die sich nicht an die neuen Sparvorgaben halten. Grünstreifen in den Städten werden nicht mehr bewässert, Universitäten, Golfplätze, Friedhöfe und Geschäfte müssen ab sofort den Verbrauch kräftig reduzieren. Am Mittwoch verkündete die kalifornische Energiekommission, dass von 2016 an im gesamten Staat nur noch wassersparende Toiletten, Urinale und Wasserhähne verkauft werden dürfen.

Die Bemühungen zahlen sich aus

Freiwilliges Sparen hatte bisher nicht funktioniert: Obwohl alle Städte und Gemeinden wegen der Dürre seit September 2014 ihren monatlichen Wasserverbrauch melden müssen, fiel die Sparquote im Februar deutlich hinter Januar zurück. Manche Regionen, etwa Colorado River und South Coast, wo die Städte Los Angeles und San Diego liegen, verbrauchten sogar wieder mehr Wasser. Verbandschefin Felicia Marcus, Chefin der kalifornischen Wasserbehörde, nannte die Zahlen "sehr beunruhigend". Sie rief die Gemeinden dazu auf, die Bewässerung von Grünflächen aufs absolute Minimum herunterzufahren. "Alle Kalifornier müssen sich noch mehr anstrengen. Besonders diejenigen, die ihren Beitrag noch nicht geleistet haben."

Das heißt im Klartext: Gemeinden, die bisher eher verschwenderisch mit Wasser umgehen, müssen künftig mehr sparen als andere, die bereits mit gutem Beispiel vorangehen. So, wie San Francisco. "Jeder Bürger verbraucht nur 44 Gallonen (etwa 166 Liter) pro Tag, das ist der niedrigste Wert in ganz Kalifornien", sagt Steve Ritchie, stellvertretender Generaldirektor der städtischen Versorgungsbetriebe. Der Durchschnitt lag in Kalifornien bei etwa 77 Gallonen pro Person und Tag. San Franciscos Bürgermeister zufolge ist der Pro-Kopf-Verbrauch in der Stadt in den vergangenen zehn Jahren um ein Fünftel zurückgegangen. Die Versorgungsbetriebe experimentieren unter anderem mit recyceltem Abwasser zum Bewässern von Parks und Golfplätzen. Die Bemühungen zahlen sich jetzt aus: Die San Francisco Bay muss in Zukunft "nur" noch weitere zehn Prozent an Wasser sparen, in anderen Regionen, wie im Raum Los Angeles, sind es doppelt so viel.

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