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MLPD: Wahlkampf mit einer Terrororganisation

Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands macht Wahlkampf mit der Terrorgruppe PFLP. Diese könnte staatliches Geld kassieren.

Julius Betschka und Max Boenke

Es ist der 16. Juni 2017 in der Altstadt von Jerusalem: Drei junge Männer rennen auf eine Gruppe israelischer Polizisten zu. Zwei eröffnen das Feuer, der dritte rammt sein Messer in die 23 Jahre alte Hadas Malka und verletzt sie tödlich. Das Attentat wird der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) zugeschrieben - genauso wie die Entführung des Passagierflugzeuges "Landshut" im Oktober 1977. Ihr Ziel ist es, einen sozialistischen, palästinensischen Staat zu errichten, sie lehnen jeden Frieden mit Israel ab.

Die PFLP ist außerdem eine von 21 Organisationen, die auf der Terrorliste der EU stehen. Trotzdem steht sie nun auf der "Internationalistischen Liste", mit der die Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) bei der Bundestagswahl für sich wirbt. Lediglich die Anzahl der Zweitstimmen für die Partei entscheidet, ob sich der deutsche Staat an der Finanzierung einer Terrororganisation beteiligt. Wie kann das möglich sein?

Zwar hat die MLPD in ganz Deutschland nur 1800 Mitglieder, doch hängt ganz Berlin voll mit Plakaten der linksradikalen Kleinpartei. In sechs Wahlkreisen stellt die Partei Direktkandidaten und steht auf Position 12 des Wahlzettels. Bei dieser Bundestagswahl tritt sie allerdings nicht allein an, sondern als "Internationalistische Liste/MLPD", so wirbt sie auch auf ihren Wahlplakaten. Eine der Trägerorganisationen der internationalistischen Liste ist: die PFLP. Von der EU als Terrororganisation geführt, ist sie in Deutschland nicht verboten. Aus Verfassungsschutzkreisen heißt es, die Organisation sei in Deutschland bislang nicht nennenswert in Erscheinung getreten. Auch das Innenministerium wollte gegenüber der Morgenpost keine Aktivitäten der PFLP bei der Bundestagswahl bestätigen.

Bereits zuvor war die PFLP mit Veranstaltungen in Berlin aufgefallen

Für den Bundestagsabgeordneten Volker Beck (Grüne) ist die Einschätzung unbegreiflich: "Der Verfassungsschutz ist schlecht informiert, wenn er sagt, die PFLP sei nicht aktiv". Bereits zuvor war die PFLP mit Veranstaltungen in Berlin aufgefallen: Immer wieder waren die roten Fahnen der Organisation auf dem antisemitischen Al-Quds-Tag zu sehen, auf dem verschiedene Gruppen gegen Israel hetzen. Erst im Juli hatte es Proteste, auch von Beck, gegeben, weil in Friedrichshain eine Benefizveranstaltung für die PFLP stattfinden sollte. "Ich erwarte vom Bundesinnenminister deswegen eine Verbotsverfügung", sagte der Grünen-Politiker. "Das Problem ist nicht die Zulassung der Wahlliste durch den Bundeswahlleiter, sondern, dass man bislang nichts gegen die Organisation getan hat", sagte Beck.

Der Bundeswahlausschuss hatte die MLPD trotz ihres Wahlbündnisses zur Bundestagswahl zugelassen. "Die Partei tritt auf den Wahlzetteln als MLPD an und nicht als internationalistische Liste/MLPD", so ein Sprecher des Bundeswahlleiters. Man könne nicht jeden einzelnen Kandidaten prüfen. Der Bundeswahlausschuss überprüfe nur, ob eine Partei nach den Vorschriften des Parteiengesetzes antreten könne. Da die PFLP nicht verboten sei, könne man jetzt nichts mehr unternehmen, um die Teilnahme an der Wahl noch zu verhindern, so der Sprecher weiter.

Staatliche Zuschüsse für die MLPD

Eine einfache Feststellung die dramatische Folgen haben könnte: In Deutschland bekommen Parteien eine Wahlkampfkostenrückerstattung, wenn sie bei Bundestagswahlen über 0,5 Prozent der Zweitstimmen holen. Mindestens 300.000 Euro würden dann an die MLPD und ihre Kandidierenden fließen. So kann auch eine Berliner Stimme für einen Geldregen vom Staat für die in Nordrhein-Westfalen antretenden Kandidaten, die der PFLP zugerechnet werden, sorgen. Dass das, angesichts eines Ergebnisses von 0,1 Prozent bei der letzten Wahl, unwahrscheinlich ist, lässt Beck nicht gelten. Es geht ihm ums Prinzip. "Ich bin entsetzt, dass das überhaupt möglich ist", ergänzte er. Die Organisation töte nach wie vor Menschen: "Ein Bekenntnis zur PFLP ist somit ein Bekenntnis zum Terror."

Alle 2559 Direktkandidaten - Wer sie sind, wofür sie stehen

Aufregung, die der Spitzenkandidat der MLPD in Berlin, Andrew Schlüter, nicht verstehen kann. "Wir als MLPD lehnen diesen individuellen Terror strikt ab - deswegen brauche ich mich für die Zusammenarbeit auch nicht rechtfertigen", sagte Schlüter der Morgenpost. Es sei völlig normal, dass es unterschiedliche Auffassungen bei gewissen Themen gebe. "Das ist sicherlich auch innerhalb der PFLP so", sagte der 45-Jährige. In einer Mitteilung der MLPD, die der Morgenpost vorliegt, heißt es: "Wir fordern die Streichung revolutionärer und antiimperialistischer Organisationen von diesen 'Terrorlisten'." Das Bündnis sei auf eine langfristige Zusammenarbeit angelegt. Innensenator Andreas Geisel (SPD) indes ist machtlos, was die tausendfache Wahlwerbung für das Bündnis in Berlin angeht. Ein Sprecher teilte mit, dass für ein Verbot der Organisation das Bundesinnenministerium zuständig sei.

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