Julian Dorn

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Weißes Haus löscht Statement: War da was?

Aus den Augen, aus dem Sinn - das dachte sich wohl auch das Weiße Haus: Kurzerhand löschte es umstrittene Forderungen von Donald Trumps offizieller Internetseite, die der amerikanische Präsident während seines Wahlkampfs erhob. In dem Statement von 2015 verlangte Trump rigoros, allen Muslimen kategorisch die Einreise in die Vereinigten Staaten zu verweigern.

Oder war es etwa doch ein abrupter Sinneswandel der amerikanischen Regierung? Mitnichten, denn auffälligerweise wurden die Äußerungen erst unmittelbar nach der kritischen Nachfrage einer Journalistin entfernt. Cecilia Vega vom amerikanischen Nachrichtensender ABC wollte auf einer Pressekonferenz von Regierungssprecher Sean Spicer wissen, warum das Weiße Haus stets behaupte, dass sich das präsidentielle Dekret, das Bürgern aus sechs muslimisch geprägten Staaten die Einreise in die Vereinigten Staaten verbieten soll, nicht darauf abziele, eine bestimmte Religion zu diskriminieren.

Trumps Statement auf seiner Wahlkampfseite deute doch eher auf das genau Gegenteil hin, so die Reporterin. Nach der dortigen Aussage habe Trump als Präsidentschaftskandidat unmissverständlich deutlich gemacht, dass er alle Muslime vorübergehend an der Einreise hindern wolle, während gleichzeitig verschärfte Einwanderungsgesetze geprüft würden.

Sean Spicer entgegnete, dass er nicht wisse, welche Inhalte sich auf der besagten Internetseite befänden und betonte zugleich, dass die Regierung eine einheitliche und klare Haltung zum Einreisedekret habe. Diese hatte bereits der amtierende Generalstaatsanwalt der Vereinigten Staaten, Jeffrey Wall, bei einer Anhörung vor einem Bundesberufungsgericht in Richmond am Montag formuliert: Die amerikanische Regierung habe deutlich gemacht, „dass es nicht um Muslime in der ganzen Welt geht", sagte er vor den Richtern. Auf der Pressekonferenz unterstrich auch Spicer, dass die Verantwortlichen mit dem Einreiseverbot nur sicherstellen wollten, dass „die Menschen, die hierher kommen, auch anständige Motive haben".

Erstaunlicherweise waren Donald Trumps Zitate, denen zufolge er noch während des Wahlkampfs auch eine generelle Schließung von Moscheen und die Einführung eines Registers für Muslime postulierte, nur wenig später nicht mehr auf der Internetseite zu finden. A llerdings kann das besagte Statement weiterhin bei Google aufgerufen werden.

Erbitterter Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang

Über Trumps Einreiseverbot wird bereits seit Monaten scharf diskutiert. Ein Bundesrichter im Nachbarstaat Maryland hatte im März entschieden, den Einreisestopp für Menschen aus sechs überwiegend islamischen Ländern zu blockieren. Der Richter Theodor Chuang erklärte damals ebenfalls, Trumps Aussagen im Wahlkampf ließen darauf schließen, dass das Dekret auf eine „Muslim-Verbannung" abziele. Es war bereits das zweite Mal, dass Trump mit dem Verbot scheiterte.

13 Richter des Berufungsgerichts hörten den Fall am Montag an, zwei fehlten. Normalerweise sind zu Beginn nur drei Berufungsrichter eingebunden. Amerikanische Medien nahmen dies als Gradmesser für die Bedeutung, die das Gericht dem Fall beimisst.

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Generalstaatsanwalt Wall versuchte, die Kammer davon zu überzeugen, dass Trumps Bemerkungen im Wahlkampf nichts mit dem Text des Dekrets zu tun hätten. Einige der Richter zeigten sich angesichts dieser Argumentation skeptisch. Sie fragten immer wieder sehr hartnäckig und bohrend nach. Wall geriet mehrmals ins Stottern.

Auch dem Vertreter der Klägerseite setzten die Richter in der Anhörung mächtig zu. Omar Jadwat, ein Anwalt der Bürgerrechtsorganisation ACLU, erklärte, Trump habe auch nach seinem Amtsantritt eine feindliche Rhetorik gegenüber Muslimen gezeigt.

Rechtsexperten rechnen damit, dass eine Entscheidung des Berufungsgerichts erst Ende Mai oder Anfang Juni verkündet werden könnte. Eine zweite Berufung ist noch bei einem Berufungsgericht in San Francisco anhängig, nachdem ein Bundesrichter in Hawaii ebenfalls Trumps Maßnahme blockiert hatte.

Der Sinn des Einreisestopps, der für eine befristete Zeit von 90 Tagen die Überprüfung der geltenden Regelungen zum Zweck haben sollte, ist bereits ad absurdum geführt. Seit dem 27. Januar, als Trump sein erstes Dekret in der Sache verkündete, sind bereits weit mehr als 90 Tage vergangen. Ein überarbeitetes Dekret wurde schließlich im März von Trump unterzeichnet.

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