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DSGVO: Die Verordnung wirkt, aber der freie Zugang zu Information ist gestört

Die Welt ist nicht untergegangen. Im Gegenteil, die DSGVO bietet eine Chance: die ersten Datenkraken werden bereits verklagt. Aber: ist auch der freie Informationsfluss gefährdet?

Natürlich wird es kein Dauerzustand sein, das freie Internet ist dadurch auch nicht gefährdet und schon gar nicht wird die Welt untergehen, wie vor allem in Deutschland in alter German-Angst-Tradition befürchtet wurde. Aber: der Zugang zu Informationen ist seit Inkrafttreten der DSGVO ein Stück weit exklusiver geworden. Denn viele Seiten, zum Beispiel die Los Angeles Times oder der Chicago Tribune, sind derzeit für EU-Bürger ohne VPN nicht aufrufbar.

Welcome to #GDPR. pic.twitter.com/heUzcL12Li

- Tolgay Azman (@TolgayAzman) May 25, 2018

Bei der Washington Post hat man sich als Leser zu entscheiden, ob man mit der Free Version bei einer gedeckelten Artikelanzahl getrackt werden möchte oder ob man ein Premium-EU-Abo abschließen möchte, das ein Drittel mehr kostet als das Normale.

Das ist natürlich kacke und vor allem deshalb ärgerlich, weil US-Medien wirklich genug Zeit hatten, sich auf die neuen Regelungen einzustellen. Ja, es ist mühevoll und aufwendig, die Verordnung durchzusetzen. Aber die DSGVO greift nach einer zweijährigen Übergangsfrist und viele US-Medien haben einen Markt in der EU, demgegenüber sie ihrer Verantwortung gerecht werden sollten, gerade auch die journalistischen Medien. Es kann ja nicht angehen, dass eine eingeschränkte Medienvielfalt für EU-User die Antwort auf die eigenen Versäumnisse ist.

Bei den Tech-Riesen Facebook und Google sieht man das entspannt: die sind sich sicher, die neuen Regelungen umgesetzt zu haben. Das sollten sie auch, gerade Facebook ist auf den europäischen Markt angewiesen: Das Unternehmen hat hier mehr Nutzer als drüben in den USA.

Irreführende Formulierungen, manipulative Dialogführung

Das sehen aber nicht alle so. Kritiker werfen Facebook vor, mit irreführenden „Formulierungen und manipulativer Dialogführung" gegenüber den Usern die DSGVO aushebeln zu wollen, so der Netzaktivist Wolfie Christl in der Süddeutschen Zeitung. Da die Verordnung aber eine „informierte, freiwillige und eindeutige" Einwilligung der User zur Datennutzung verlangt, verstoße das Vorgehen dagegen.

Und weil das andere ähnlich sehen wird bereits geklagt. Der Datenschützer Max Schrems reichte wegen einer „Zwangszustimmung", die Nutzer von Diensten aussperrt, die nicht zustimmen, über mehrere EU-Länder Milliardenklagen gegen Facebook, Google, Instagram und Whatsapp ein.

Max Schrems ist übrigens kein unbeschriebenes Blatt im Datenschutz und mit seiner Arbeit ziemlich erfolgreich: Er konnte das Safe-Harbor-Abkommen vor dem Europäischen Gerichtshof verhindern.

Das Urteil wird ziemlich wichtig sein, denn es wird zeigen, wie ernst es der EU mit der DSGVO ist. So ärgerlich der temporäre Ausschlus von einzelnen US-Medienseiten durch die DSGVO auch ist, sie bietet doch eine echte Chance, dem User und nicht gewinnorientierten Großkonzernen die Hoheit über seine Daten zu überlassen.

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