Julian Budjan

Freier Journalist, Düsseldorf

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Missglückte Schadensbegrenzung

Der deutsche Zweier-Bob um Weltmeister Francesco Friedrich (vorne) ist in dieser Saison noch nicht konkurrenzfähig.

Die deutschen Bob-Piloten haben weiter Probleme. Weltmeister Francesco Friedrich fährt in der Olympia-Saison bislang hinterher. Zur Material-Debatte kommen individuelle Fehler.

Mit hochgezogenen Augenbrauen winkte Francesco Friedrich enttäuscht in die Kamera. "Manchmal ist man einfach zu doof", so kommentierte er seinen dreizehnten Platz im Zweierbob im kanadischen Whistler, das schlechteste Weltcup-Resultat seiner Karriere. "Doof" war sicherlich sein Fahrfehler im ersten Durchgang, doch auch mit dem Material haderte Friedrich und wärmte damit eine Debatte auf, die seit nunmehr vier Jahren im deutschen Bobsport schwelt.

Als haushohe Favoriten waren die deutschen Bob-Piloten in diesen Olympia-Winter gegangen. Nicht nur wegen des zeitgleichen Doppelsiegs der beiden Vierer-Teams um Friedrich und Johannes Lochner bei der Weltmeisterschaft in Königssee im Frühjahr. 330.000 Euro hatte der Verband BSD vor der Saison in neue Rennschlitten investiert. Nichts soll bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang dem Zufall überlassen werden. Der Schmerz über das historisch schlechte Abschneiden deutscher Bobpiloten bei den Winterspielen 2014 in Sotschi sitzt immer noch tief.

Sotschi schmerzt immer noch

Erstmals seit 20 Jahren waren die deutschen Bobfahrer in Russland ohne Medaille geblieben. Damals verzweifelten sie an ihren Karossen, das Modell der Berliner Entwicklungsstelle FES bekam den Beinamen "Trabi". Wegen mangelhaften Materials nicht in den Kampf um die Medaillen eingreifen zu können - das soll sich möglichst nicht wiederholen. Seit der vergangenen Saison fahren Friedrich und Lochner deswegen mit Spezialanfertigungen des Österreichers Johannes Wallner, der exklusiv für die Deutschen entwickelt. Das Wallner-Modell machte sich bezahlt: Neben dem zweifachen Erfolg bei der Heim-WM entschied Friedrich auch den Gesamtweltcup im Zweier für sich. Trotzdem wurden die Erfolgsgefährte im Sommer durch neue Versionen ersetzt.

Doch die neuen teuren Bobs scheinen noch nicht so zu fahren, wie sie sollen. Der Start in den Winter ist missglückt. Zur Saisoneröffnung in Lake Placid musste sich Friedrich mit zwei neunten Plätzen im Zweierbob zufrieden geben, in Kanada ging es nun noch weiter nach hinten. Lochner erreichte nach ebenfalls mäßigen Ergebnissen sogar nicht einmal den zweiten Durchgang in Whistler. "Mit dem neuen Material dauert es noch ein bisschen, bis alles eingespielt ist", sagt Lochner.

Bloß "nicht komplett durchdrehen"

Und auch Bundestrainer Rene Spies versucht, Ruhe in die Situation zu bringen: "Das war für uns ein sehr schlechter Tag", bilanzierte er. "Wir hatten gedacht, dass wir den Schaden begrenzen können, das ist uns nicht gelungen. Aber auch damit müssen wir umgehen, wir dürfen jetzt nicht komplett durchdrehen."

Der dritte deutsche Fahrer im Bunde, Nico Walther, setzt dagegen weiterhin auf den Schlitten des altern Lieferanten FES, genauso wie die Frauenteams, und will sich aus der Diskussion um das Material raushalten: "Was die anderen mit ihrem Schlitten machen, ist nicht meine Baustelle", sagte er nach dem Rennen, in dem er als bester Deutscher den siebten Platz belegte. Zuvor hatte er bereits das erste Saisonrennen in Lake Placid gewonnen. Walther bringt noch einen anderen Faktor ins Spiel, der in diesem Winter eine Rolle spielen könnte: "Es herrscht eine enorme Leistungsdichte, bei Olympia können zehn Leute um die Medaillen fahren, das habe ich noch nie erlebt."

Friedrich will nun seinen ersten Podestplatz am Samstagabend im Vierer-Rennen einfahren. Walther und Lochner sind in dieser Disziplin bisher relativ erfolgreich gewesen und gewannen jeweils einen Wettkampf in Park City. In zwei Wochen steht dann der Heim-Weltcup in Winterberg an. Friedrich gibt sich kampfeslustig und sendete trotz der dürftigen Resultate eine Warnung an die Konkurrenz: "Spätestens in Europa haben wir sie im Sack." Bis dahin muss der 27-Jahrige Seriensieger aber noch intensiv an seinem Schlitten feilen, um dieser Ankündigung Taten folgen zu lassen.

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