Julian Budjan

Freier Journalist, Düsseldorf

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Lauter Festtage für Arminia Klosterhardt

Thorben Kern von Arminia Klosterhardt (Mitte) behauptet sich in der A-Jugend-Bundesliga, sogar gegen den großen BVB. (Foto: Michael Ketzer / Arminia Klosterhardt)

  • Der Amateurverein Arminia Klosterhardt aus Oberhausen spielt in der U19-Bundesliga - eine Seltenheit in Zeiten der Nachwuchsleistungszentren. 
  •  Der neue Trainer Robin Krüger hat mit akribischer Scoutingarbeit eine Truppe zusammengestellt, die sogar in der Bundesliga konkurrenzfähig ist.

Unscheinbar liegt die Spielstätte da, am Rande eines Wäldchens im Außenbezirk einer Ruhrgebietsstadt. Ein Kunstrasenplatz mit kleiner überdachter Tribüne, ein Vereinsheim aus rotem Backstein an der Kopfseite des Spielfelds, dahinter ein paar Kabinen, fast zwischen den Bäumen verschwindend - das typische Vereinsgelände eines Amateurvereins. Kraftraum, Sauna oder sonstigen Pomp sucht man vergeblich. Doch jedes zweite Wochenende sind hier in Klosterhardt die namhaftesten Fußballvereine Deutschlands zu Besuch.

In Zeiten, in denen die Profiklubs bis runter in die dritte Liga ihre Nachwuchsarbeit in zertifizierten Leistungszentren organisieren, in denen ganzen Scouting-Bataillonen nicht mal ein C-Jugendspiel in der Kreisklasse entgeht, schafft es die DJK Arminia Klosterhardt, diesen Strukturen zu trotzen. Klosterhardt ist ein 12 000-Einwohner-Stadtteil im Norden Oberhausens, doch hier wird Bundesliga-Fußball gespielt: Nicht bei den Erwachsenen, die kicken in der Landesliga. Aber im Juniorenbereich. Die U19 ist der ganze Stolz der Städtchens.

Nun spielt Arminia gegen die besten Nachwuchsabteilungen Deutschlands

In den Achtzigern wussten viele bereits, dass bei der Arminia vorbildliche Jugendarbeit geleistet wird. Höher als die Niederrheinliga ging es aber nie hinaus. In der vergangenen Saison kamen mehrere Faktoren zusammen: Alle großen Vereine aus dem Umkreis spielten schon in der A-Junioren-Bundesliga West, es musste also ein Außenseiter aufsteigen. Die Arminia verfügte über zwei überdurchschnittlich gute Jahrgänge und nutzte die Gunst der Stunde. "Der Aufstieg war ein Stück weit glückliche Fügung", gibt Jugendleiter Andreas Arold zu: "Irgendwann hat man im Verlauf der letzten Runde nach oben geguckt und gedacht: Boah, das wäre ein absoluter Traum. Diesen Traum leben wir jetzt."

Jetzt spielt Klosterhardt mit den Großen: gegen den letztjährigen Meister Borussia Dortmund (das Heimspiel endete 3:3), die berühmte Knappenschmiede von Schalke 04, den Nachwuchs des 1. FC Köln, Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach. Und der Underdog schlägt sich beachtlich. Elf Punkte aus elf Spielen hat das Team bereits geholt, steht auf einem Nichtabstiegsplatz. "Das ist schon ein Hammer. Wir sind davon ausgegangen, dass wir in der Bundesliga wenig holen", freut sich Arold.

Dass es so gut läuft, liegt gewiss auch am Trainer. Robin Krüger folgte auf Aufstiegscoach Marcus Behnert, der in die Landesliga-Mannschaft wechselte. Krüger ist so etwas wie der Nagelsmann des Nachwuchsfußballs: Schon mit 15 trainierte er Jugendteams, während er selbst noch als Spieler aktiv war, mit 19 kam das Angebot von Rot-Weiss Essen. Dort waren ihm als Co-Trainer Gleichaltrige unterstellt, später wurde er in die Regionalliga-Mannschaft berufen. Nun ist er 28 und hat große Ziele. "Ich bin bestimmt nicht nach Klosterhardt gekommen, um mit meinen Jungs als Touristen die Bundesligaplätze anzugucken", stellt der Coach klar.

Im Gegensatz zu den großen Klubs führt Krüger in Klosterhardt eine Art Scouting-Einmannbetrieb. Die offensichtlichsten Talente wechseln zu den Branchengrößen, Krüger fühlt deshalb vor allem bei Nischenspielern vor; das sind diejenigen, die in den Nachwuchsleistungszentren durchs Raster fallen. Als der Bundesliga-Aufstieg dann feststand, ging Krüger wochenlang vormittags seinem Job als Grundschullehrer nach, den Rest des Tages fuhr er von Spieler zu Spieler. "Ich habe mit allen Zugängen zwei bis drei Stunden zusammengesessen und sie kennengelernt", erklärt Krüger. Zum Beispiel mit Stürmer Salim El Fahmi, der mit seinem Klub gerade aus der Niederrheinliga abgestiegen war, der nun aber für Klosterhardt regelmäßig in der Bundesliga trifft.

Zusätzlich wurden mehrere Probetrainings veranstaltet. "Der Andrang war riesig, zahlreiche Spieler haben sich selbst angeboten", erinnert sich Arold. Die Gelegenheit, in der Bundesliga zu spielen, lockte. Der Aufwand scheint sich gelohnt zu haben. "Die Früchte der Arbeit sieht man jetzt, es wurden offensichtlich richtige Entscheidungen im Sommer getroffen", lobt Arold seinen U19-Trainer. Klosterhardt hat tatsächlich ein konkurrenzfähiges Bundesliga-Team beisammen.

Eine Chance gegen Schalke 04?

Im Hintergrund sind die Strukturen überschaubar. Jugendleiter Arold arbeitet ehrenamtlich, wie die meisten anderen auch. "Manpower" nennt er das und betont, dass man versuche, auch den anderen 20 Jugendteams gerecht zu werden. Die Bundesliga fordert den Verein gewaltig, "Klosterhardt muss sich sehr strecken, um die organisatorischen Kosten zu decken, die durch die Auflagen entstehen", sagt Krüger. Für die Heimspiele des Bundesliga-Teams vor meist 500 Zuschauern weicht Klosterhardt zum Nachbarverein aus, denn den geforderten Naturrasenplatz besitzt die Arminia nicht. Spielergehälter können nicht gezahlt werden, nur Fahrtkosten.

Doch die Freude am großen Abenteuer überwiegt. Der Nachwuchs von Schalke 04 wird als Nächstes in Klosterhardt vorstellig, Krüger ist sich sicher: "Das wird ein Festtag für den Verein." Auch für ihn persönlich, denn Krüger kann sich in diesem Spiel mit Norbert Elgert messen, den er für den "besten U19-Trainer des Landes" hält. Ein Punkt gegen Schalke, und Klosterhardt käme dem Klassenerhalt wieder ein Stück näher. Am Ende in der Bundesliga zu bleiben, so Arold, "wäre ein noch größerer Erfolg als der Aufstieg".

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