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Das steckt hinter dem Fotoverbot im Museum

Das Motiv fest im Blick, einen Schritt zurück und noch einen. Dann ist das Unglück passiert: Ein Besucher des Museums Brandhorst in München ist vor einigen Jahren rückwärts in eine Skulptur der Künstlerin Katharina Fritsch gelaufen, weil er ein Foto machen wollte und dabei unachtsam war. Das Kunstwerk fiel in sich zusammen. Die Folge war ein generelles Fotografie-Verbot. Das gilt nicht nur im Brandhorst, sondern auch in anderen Kunstmuseen in Bayern. Die Gründe dafür unterscheiden sich von Haus zu Haus. Und nicht überall ist Fotografieren verboten. Manche Museumsleitungen freuen sich sogar, wenn Besucher Fotos machen.

„Wir richten uns nach den Vorgaben der Leihgeber“, erklärt die Leiterin der Stadtgalerie Altötting, Ulrike Kirnich. „Die meisten wollen allerdings nicht, dass Fotos gemacht werden.“ Grund sei der Schutz der Bildrechte, die bei Künstlern oder Verleihern liegen. „Die leben schließlich davon, ihre Kunst zu verkaufen, deswegen kann sie nicht einfach jeder abfotografieren“, sagt Kirnich.

Diese Rechte sind in Deutschland im Kunst- und Urhebergesetz festgeschrieben. Damit beschäftigt sich Kai von Lewinski, Professor für Medienrecht an der Universität Passau. „Werke, also erkennbar eigene Schöpfungen, gelten als geistiges Eigentum ihrer Urheber“, erklärt er. „Das Urheberrecht erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod des Schöpfers.“ Das gelte auch für die Bildrechte. Zudem machen Museen von ihrem Hausrecht Gebrauch. Als Hausherr dürfen sie Regeln für ihre Besucher aufstellen. Fotografieren diese trotzdem, drohen laut dem Rechtsexperten Geldstrafen.

Auch im Museum Moderner Kunst in Passau gilt ein Fotoverbot. Hier ist man sogar noch strenger. Fotografieren ist generell verboten. Eine kleine Glastafel am Eingang weist die Besucher darauf hin. Es gibt allerdings Ausnahmen: „Fotos zum Abdruck in der Presse oder zu Dokumentationszwecken können nach Erteilung einer Fotogenehmigung gemacht werden“, erklärt Josephine Gabler, Leiterin des MMK in Passau. Dass Fotografieren ansonsten verboten ist, hat ihrer Meinung nach noch andere Vorteile als nur den Schutz der Bildrechte. „Unsere Besucher wollen die Ausstellung in Ruhe genießen“, sagt sie. „Da würde es stören, wenn ständig Fotos gemacht werden.“

Auch in Altötting ist man froh, wenn die Besucher versunken vor den Bildern stehen und nicht nur einen kurzen Blick durch ihr Smartphone werfen, um ein Foto zu machen. „Man will die Kunst doch auf sich wirken lassen“, sagt Ulrike Kirnich. „Aber das sieht natürlich jeder anders. Das ist eine Frage des Lebensstils.“

Dass sich der mittlerweile geändert hat und auch die Kunstwelt nicht unberührt lässt, zeigt das Münchner Lenbachhaus. Dort ist Fotografieren erlaubt. „Man geht doch heutzutage nicht mehr ohne Handy aus dem Haus“, sagt Pressesprecherin Valerie Maul. „Unsere Besucher wollen Kunst dokumentieren und über Facebook und Instagram zeigen, wo sie gerade sind.“ Probleme mit Bildrechten gebe es in der städtischen Institution keine, da die Sammlung hauseigen ist.

Das Lenbachhaus nutzt die neuen Medien auch für die eigene Öffentlichkeitsarbeit. Auf Twitter werden unter bestimmten Hashtags (also Stichpunkten) Diskussionen mit den Besuchern geführt und auf Instagram Fotos von Kunstwerken oder Veranstaltungen geteilt. „Man sollte da als Museum schon mit der Zeit gehen und sich öffnen“, sagt Valerie Maul. „Der Kulturbesuch wird so zum Erlebnis und verliert sein verstaubtes Image.“ Auch in den Museen der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, also zum Beispiel den Münchner Pinakotheken, dürfen Besucher Fotos machen – allerdings ohne Blitz, der schadet lichtempfindlichen Werken. Nur im Museum Brandhorst gilt das Fotoverbot. „Hier sind die Räume kleiner und die Kunst leichter zugänglich“, erklärt Pressesprecherin Tine Nehler. „Es sind schon zweimal Werke zu Schaden gekommen. Danach hat die Museumsleitung das Fotoverbot beschlossen.“