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"Die Menschen wollen tanzen"

Der Ort wird in der Regel gegen elf Uhr abends bekannt gegeben: eine Postleitzahl oder ein Screenshot von Google Maps mit einer Wegbeschreibung. Manchmal ist es ein Wald in der Umgebung von London, manchmal ein Park oder wie an diesem Samstag im Juli eine Lagerhalle im Südosten der Stadt.

Das Industriegelände liegt in der Nähe eines verschlafenen Vororts. Nach Mitternacht hält ein Auto nach dem anderen, ein Wachmann am Tor schaut die Gäste kurz an und lässt sie herein. In einem Vorraum ist eine improvisierte Bar aufgebaut, ein Tank mit Lachgas zischt ununterbrochen.

In der Halle daneben blitzen Blechwände rot, grün oder blau auf, elektronische Musik pocht rhythmisch, der Raum ist voll. Einige Menschen schwitzen und springen euphorisch, andere taumeln komplett berauscht neben der Wand.

"Das ist das erste Mal seit dem Beginn des Lockdowns, dass ich tanzen gehe", ruft eine junge Frau in einer geblümten Hippiehose und schwarzer Weste. "Ich weiß, Corona", sie stockt. "Aber dieser Hedonismus überflutet mich". Im nächsten Moment teilt sie ihr Bier und den gelb gepunkteten Luftballon voll Lachgas mit wildfremden Menschen und umarmt sie. Ihr Gesicht leuchtet vor Glück. So sieht das Nachtleben in London im Corona-Sommer 2020 aus.

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