1 Abo und 1 Abonnent
Artikel

Verfassungsreform: Bis 2036 bleibt es Putins Russland

In der russischen Hauptstadt Moskau war es Mittwochnachmittag und die Menschen stimmten noch über die Verfassungsänderungen ab, da hatte die Wahlkommission schon die ersten Ergebnisse verkündet: Mehr als 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger im Osten des Landes unterstützten die Reform. Eigentlich darf das bei keiner Abstimmung passieren. Doch die russische Wahlleiterin Ella Pamfilowa sagte dazu nur: Das Gesetz regele das nicht. Deshalb könnten die lokalen Wahlkommissionen mit den Ergebnissen alles machen, was sie wollten: "Nichts ist verboten."


Dieses Verfassungsreferendum, das nicht einmal Referendum genannt wird, weil es nach sehr eigenartigen Regeln stattfindet, war die sonderbarste Abstimmung in der neuen russischen Geschichte. Zum ersten Mal stimmten die Menschen nicht nur an einem Tag, sondern eine ganze Woche lang ab - offiziell wegen der Coronavirus-Pandemie. Sie stimmten im geöffneten Kofferraum eines Autos, in einem alten Bus, auf einem Baumstamm, auf Kinderspielplätzen, in Zelten und auf klapprigen Stühlen ab, die mitten auf dem Bürgersteig aufgestellt wurden. In mehreren Städten wurden Menschen mit Lotterien in die Wahllokale gelockt, bei denen sie Wohnungen, Autos oder Smartphones gewinnen konnten. Erst abstimmen, dann womöglich etwas gewinnen.


(...)
Zum Original