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Russland: „Wir brauchen einen Menschen, der Ordnung schafft"

Zwei Drittel der Russen haben eine positive Sicht auf den sowjetischen Diktator. Experten sprechen von einer schleichenden Restalinisierung, die der Kreml unterstützt. 

In Nowosibirsk gibt es seit April eine Büste von Josef Stalin. Rund einen Meter groß ist sie und steht noch in der Werkstatt des Bildhauers. Der Diktator schaut ernst und trägt eine Militäruniform mit dem sternförmigen Orden des Helden der Sowjetunion. An Feiertagen wie am „Tag des Sieges" wird das Denkmal in der Öffentlichkeit aufgestellt.


Alexej Denisjuk glaubt fest daran, dass bald der Tag kommt, an dem es einen festen Platz in der sibirischen Millionenstadt erhält. Der 39-jährige Jurist aus der marginalisierten Bolschewiken-Partei hat rund 3800 Euro an Spenden für die Büste gesammelt und braucht noch 2500 Euro für einen Granitsockel. „In vielen Städten werden gerade Stalin-Denkmäler aufgestellt", sagt er. „Die Politik von Stalin wird jetzt so gebraucht wie nie."


Seit 1998 wurden in Russland mindestens 132 neue Denkmäler, Büsten und Gedenktafeln zu Ehren Stalins aufgestellt. Daten dazu sammelte Alexandra Archipowa, Anthropologin an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und öffentliche Verwaltung. Dabei wurden seit 2014 fast doppelt so viele Denkmäler errichtet wie in den drei Jahren davor.


Archipowa spricht von einem „Volksglauben" an Stalin, den es schon immer gegeben habe und der jetzt jedoch besonders stark sei. „Stalin wird zu einer Figur des Vaters, der sich um alle kümmert", sagt sie. Eine solche Figur werde dann besonders gebraucht, wenn die aktuelle Lage als schwierig empfunden werde.


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